«Wir gehen gerne woanders hin, um zu sehen, was passiert»

Die neue Allianz mit der Mayo Clinic ist für Swiss Medical Network eine Inspiration – aber kein Grund zur Selbstaufgabe. Stanley Hautdidier, der Direktor der Clinique de Genolier, über eigene Identität und geteilte Expertise.

, 16. Mai 2025 um 22:00
image
«Wir sind es gewohnt, in Netzwerken zu arbeiten»: Stanley Hautdidier, Generaldirektor der Clinique de Genolier und Leiter des Gebiets Vaud bei Swiss Medical Network.
«Wir öffnen uns gerne, wir stellen gerne Fragen, wir gehen gerne woanders hin, um zu sehen, was passiert»: Mit diesen Worten erklärt Stanley Hautdidier, Generaldirektor der Clinique de Genolier, die Hoffnung, welche der Beitritt zum Mayo Clinic Care Network in den Kliniken des Swiss Medical Network weckt.
Schon in der Frühphase des Projekts hätten die Klinikleitungen – darunter auch jene in Genolier – die transatlantische Initiative stark unterstützt, erklärt Hautdidier im Gespräch mit Medinside.
Mehrere Einrichtungen des Netzwerks stehen nun an vorderster Front dieser strategischen Allianz – die Clinique de Genolier in der Romandie, die Privatklinik Bethanien in der Deutschschweiz, die Clinica Sant'Anna im Tessin sowie die Ophthalmologie-Praxen des Swiss Visio Network.
«Wir haben bestimmte Fachgebiete als vorrangig für diese Partnerschaft identifiziert», sagt Stanley Hautdidier: «Onkologie, Ophthalmologie und Check-ups, wo wir bereits über Expertise verfügen, wo wir aber ausbauen möchten. In Genolier macht die Onkologie etwa 40 Prozent der Aktivitäten aus.»
Swiss Medical Network verfolge aufmerksam, was anderswo geschieht, ob in der Schweiz oder international. Die Gruppe lasse sich jedoch nur davon inspirieren, «wir kopieren nicht».

Eine Kultur des Netzwerks

Swiss Medical Network will es jeder Klinik ermöglichen, die Partnerschaft mit Mayo nach den eigenen Bedürfnissen zu nutzen. «Ziel ist es, dass alle gleichermassen davon profitieren, und dass jede das herausholt, was für seine Patienten am relevantesten ist», sagt Stanley Hautdidier.
Die Zusammenarbeit sollte die bereits vorhandene Dynamik fortsetzen und verstärken. «Swiss Medical Network ist bereits ein Netzwerk. Wir sind es gewohnt, in Netzwerken zu arbeiten. Es gibt bereits viel Austausch zwischen den verschiedenen Kliniken und Sprachregionen – zum Beispiel gemeinsame Tumorboards für mehrere Institutionen.» Diese Erfahrung werde die Zusammenarbeit mit den Amerikanern letztlich erleichtern.
image
Stanley Hautdidier bei der Präsentation der Kooperation mit der Mayo Clinic, Genolier, 6. Mai 2025  |  Bild: Nuno Acacio
Und falls die Sprache da und dort vielleicht Sorgen hervorrufen mag, sind konkrete Lösungen geplant: «Wir werden auch Werkzeuge mitbringen können, die es Ärzten, welche die Sprache von Shakespeare vielleicht weniger gut beherrschen, ermöglichen, sich auszudrücken und sich leicht verständlich zu machen.»
In einem Umfeld, in dem Spitäler hart um Experten und Expertise kämpfen, benennt Stanley Hautdidier den Vorteil des «Faktors Mayo» ganz offen: «Es geht da nicht um Geld, sondern es geht um Kompetenz und die Qualität der Behandlung.» Zuweiser senden ihre Patienten schlicht dorthin, wo diese die bestmögliche Behandlung erhalten können.
Und so erwartet Swiss Medical Network, als Mayo-Partner seine Sichtbarkeit und sein Image bei Patienten und Fachleuten stärken zu können. «Ich denke, es ist immer ein äusserst positives Element, wenn wir ankündigen können, dass ein Patient eines Hausarztes aus der Region, der an die Clinique de Genolier überwiesen wird, auch von der Expertise des Netzwerks der Mayo Clinic profitieren kann», meint er. Und weiter: «Wenn wir die Qualität der Behandlung verbessern und unser Image aufpolieren können, sind wir von dieser Partnerschaft absolut überzeugt.»
  • Zum Thema: Swiss Medical Network geht Allianz mit Mayo Clinic ein. Als erste Institution in Europa tritt die Schweizer Klinikgruppe dem Mayo Clinic Care Network bei – und eröffnet sich so Zugänge zum Knowhow des US-Konzerns.
  • «Wir leben ‚Patients first‘. Täglich.» Im Video-Gespräch erklärt Medical Director Brian A. Costello, warum Swiss Medical Network zur Mayo Clinic passt – und was noch alles folgen kann.
  • «Unsere Prozesse wurden sehr scharf analysiert». Fabrice Zumbrunnen, der Delegierte des Verwaltungsrates, erklärt, wie aus einer Idee ein Prozess wurde – und welche strategischer Bedeutung die Allianz jetzt hat.
  • Zweitmeinung mit System: Jacques Bernier und Oscar Matzinger schildern, wie Swiss Medical Network und die Mayo Clinic ihr Kooperationsmodell entwickelten.

Swiss Medical Network

Die private Klinik- und Gesundheitsgruppe Swiss Medical Network führt 21 Kliniken in 15 Kantonen der Schweiz und verfügt über etwa 1’500 Spitalbetten; sie beschäftigt rund 4’100 Personen und hat 2,300 Ärztinnen und Ärzte in ihrem Netzwerk.
Zu Swiss Medical Network gehören auch gut 60 Ärztezentren und zwei Dutzend Ophthalmologie-Zentren unter dem Namen Swiss Visio.
Swiss Medical Network ist zu 80 Prozent im Besitz des börsenkotierten Freiburger Konzerns Aevis Victoria, der ferner auch Luxushotels wie das Victoria-Jungfrau in Interlaken oder das Bellevue Palace in Bern führt.

Artikel teilen

Loading

Kommentar

Mehr zum Thema

image

Gericht muss beurteilen: Haben Hebammen zu spät reagiert?

Drei Hebammen sind angeklagt, weil ein Baby starb. Das betroffene Geburtshaus weist die Vorwürfe zurück.

image

Spital Menziken bietet Sprechstunden bei LUKS-Gynäkologin

Eine Gynäkologin aus dem luzernischen Sursee betreut Patientinnen im aargauischen Menziken. Die neue Spital-Direktorin in Menziken, Sandra Lambroia Groux, strebt noch mehr Zusammenarbeit an.

image

Lindenhofgruppe: Die Zukunft im Blick

Als Qualitätsführerin in Medizin und Pflege gilt es, Herausforderungen frühzeitig zu erkennen und das Angebot stetig weiterzuentwickeln. Damit es gelingt, dem steigenden wirtschaftlichen Druck wirkungsvoll zu begegnen.

image

Spital Männedorf distanziert sich von Aussagen eines Chefarztes

Der Viszeralchirurg Marco Büter kritisiert in den Medien das Fehlverhalten von Ärzten. Seinem Arbeitgeber, dem Spital Männedorf, ist das nicht recht.

image

Viva Health: Integrierte Versorgung ist harte Überzeugungsarbeit

Das Netzwerk Viva erlebte im ersten Jahr ein starkes Mitglieder-Wachstum – zuletzt aber stagnierten die Zahlen. Fabrice Zumbrunnen, der CEO von Aevis Victoria, hat eine Erklärung.

image

Sechs Prozent der Spitalpatienten kehren ungeplant zurück

In der Schweiz wurden zuletzt 6,1 Prozent der Patienten kurz nach einem Spitalaustritt erneut hospitalisiert. Im kardiorespiratorischen Bereich könnte sich ein leichter Abwärtstrend andeuten.

Vom gleichen Autor

image

«Wir leben ‚Patients first‘. Täglich.»

Die Mayo Clinic wählt ihre Kooperationspartner nach strengen Kriterien. Im Video-Gespräch erklärt Medical Director Brian A. Costello, warum Swiss Medical Network zu den Amerikanern passt – und was noch alles folgen kann.

image

«Unsere Prozesse wurden sehr scharf analysiert»

Die Partnerschaft von Swiss Medical Network mit der Mayo Clinic entstand aus der inneren Dynamik des Ärzteteams. Konzernchef Fabrice Zumbrunnen erklärt, wie aus einer Idee ein Prozess wurde – und welche strategischer Bedeutung die Allianz jetzt hat.