«Wir leben ‚Patients first‘. Täglich.»

Die Mayo Clinic wählt ihre Kooperationspartner nach strengen Kriterien. Im Video-Gespräch erklärt Medical Director Brian A. Costello, warum Swiss Medical Network zu den Amerikanern passt – und was noch alles folgen kann.

, 16. Mai 2025 um 22:00
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«Sie können irgendeinen unserer über 78’000 Mitarbeiter fragen»: Brian A. Costello, M. D., Medical Director Mayo Clinic Consulting.
«Wir sind eine wertegetriebene Organisation»: Die Mayo Clinic konzentriere sich voll auf das Prinzip, mit dem sie gegründet wurde: «Patients first» – so sagt es Brian A. Costello, der Medical Director des Global Consulting der Mayo. «Wir leben es täglich. Sie können irgendeinen unserer über 78’000 Mitarbeiter fragen, was unser vorrangiger Wert ist», so der Onkologe im Video-Interview mit Medinside. «Und alle werden sagen: Die Bedürfnisse der Patienten stehen zuoberst.»
In dieser Frage müssten Partner des Mayo Clinic Care Network gleich denken: Sie benötigen zutiefst eine Dienstleistungs-Haltung und Patientenzentrierung. Bevor eine Klinikgruppe – wie jetzt Swiss Medical Network – zum Kooperationspartner von Mayo werden kann, erarbeitet der US-Konzern einen «sehr robusten Due-Diligence-Prozess rund um die Qualität, rund um Exzellenz, rund um Patientenorientierung».
Doch Mayo wolle durch sein internationales Netzwerk auch die eigene Expertise durch das Knowhow anderer Ärzte und Organisationen aus der ganzen Welt erweitern. «Man weiss nie, wie tief diese Kooperationen am Ende werden», sagt Brian A. Costello: «Man fängt an mit einem gemeinsamen klinischen Unternehmen, aber das kann sich zu Forschungs- oder Bildungs-Engagement wandeln.»
Die Zusammenarbeit der Mayo Clinic Swiss Medical Network, die Anfang Mai verkündet wurde, konzentriere sich zuerst einmal auf die klinischen Aspekte. «Aber je besser wir uns kennenlernen, desto mehr werden wir uns auch gemeinsam in Forschung und Ausbildung vertiefen.»
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Brian Costello vor den Medien im Genolier Impact Hub, 6. Mai 2025  |  Bild: Nuno Acacio
Zur Kooperation mit Swiss Medical Network habe auch motiviert, dass die Schweiz ein «sehr robustes Gesundheitswesen auf hohem Niveau hat», so Chefarzt Costello: «Und Swiss Medical Network ist Teil davon.» Im übrigen sei Mayo bereit dafür, jetzt Gespräche mit anderen Klinikgruppen in Europa aufzunehmen. Es drohe ja auch keine Konkurrenzsituation – wenn sich in einer Weltgegend noch mehr Mitglieder am Mayo Medical Care Network beteiligen, dann profitierten alle von den Synergien.
Weitere Themen des Gesprächs von Brian A. Costello mit Medinside-Redakteurin Jehanne Picard: Wie greifen die Ärztinnen und Ärzte von Swiss Medical Network konkret auf die Expertise ihrer Kollegen in Rochester zu? Wie funktionieren die digitalen Learning- und Austausch-Systeme? Spürt die Mayo Clinic ebenfalls die politische Situation in den USA mit dem Spardruck auf der Medizin-Forschung?
Zu den Publikationen von Brian Costello

  • Zum Thema: Swiss Medical Network geht Allianz mit Mayo Clinic ein. Als erste Institution in Europa tritt die Schweizer Klinikgruppe dem Mayo Clinic Care Network bei – und eröffnet sich so Zugänge zum Knowhow des US-Konzerns.
  • «Unsere Prozesse wurden sehr scharf analysiert». Fabrice Zumbrunnen, der Delegierte des Verwaltungsrates, erklärt, wie aus einer Idee ein Prozess wurde – und welche strategischer Bedeutung die Allianz jetzt hat.
  • Zweitmeinung mit System: Jacques Bernier und Oscar Matzinger schildern, wie Swiss Medical Network und die Mayo Clinic ihr Kooperationsmodell entwickelten.
  • Die Allianz mit der Mayo Clinic ist für Swiss Medical Network eine Inspiration – aber kein Grund zur Selbstaufgabe. Stanley Hautdidier, der Direktor der Clinique de Genolier, über eigene Identität und geteilte Expertise.

Die Mayo Clinic in 10 Punkten

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Die Mayo Clinic in Rochester, Minnesota  |  Bild: Wikimedia Commons
1. Number One. In Untersuchungen zu den besten Spitälern der Welt oder der USA taucht die Mayo Clinic zuverlässig an der Spitze auf. Dieses Jahr führte sie erneut das «Newsweek»-Ranking der «World’s Best Hospitals 2025» an. Auf Platz 1 kam Mayo dabei auch in den Sub-Kategorien Herzchirurgie, Kardiologie, Endokrinologie, Gastroenterologie, Neurologie, Neurochirurgie und Pulmologie; in Orthopädie und Urologie gelangte es auf Rang 2.
2. 75'000 Personen. Die Mayo Clinic entstand in Rochester, Minnesota, und hat ihre Wurzeln in den 1860er Jahren. Die wichtigsten Spitäler des Konzerns befinden sich in Rochester, Scottsdale (Arizona) und Jacksonville (Florida). Der Gesundheitskonzern beschäftigt derzeit rund 75’000 Personen und setzt knapp 20 Milliarden Dollar um. In Rochester führt Mayo zudem eine eigene Medizin-Universität.
3. Non-Profit. Die Mayo Clinic schüttet keine Gewinne aus: Das Geld wird vollständig in Forschung, Infrastruktur und Patientenversorgung reinvestiert. 2024 gab Mayo insgesamt 1,2 Milliarden Dollar für Forschung aus: Rund 500 Millionen kamen aus eigenen Erträgen, rund 700 Millionen waren Fremdmittel, die in die Mayo-Forschungszentren flossen.
4. Medizinische Meilensteine. Zu den Durchbrüchen, die in der Mayo-Clinic erfolgten, gehört der Gefrierschnitt in der Tumoranalyse und die erste Operation mithilfe einer Herz-Lungen-Maschine. 1969 nahm die Mayo Clinic die erste Hüftersatz-Operation der USA vor. 2001 entwickelte Mayo gemeinsam mit Roche einen Schnelltest zum Nachweis von Anthrax.
5. Nobel-Preis. 1950 erhielten die Mayo-Ärzte Edward Calvin Kendall und Philip S. Hench den Medizin-Nobelpreis für ihre Entdeckungen des Cortison (gemeinsam mit dem Schweizer Chemiker Tadeus Reichstein, der im gleichen Feld forschte).
6. Qualität, nicht Menge. Mayo-Ärzte werden ausschliesslich pauschal honoriert.
7. Integrierte Versorgung. Die Mayo Clinic setzte früh auf integrierte Versorgung und bündelte Spezialisten verschiedener Disziplinen. Auch dies ist ein Merkmal der Gesundheitsorganisation.
8. Patientenzentriert. Mayo pflegt einen patientenzentrierten Ansatz: «The needs of the patient come first», so das Motto. Die Idee einer umfassenden Betreuung berücksichtigt auch die psychische und soziale Situation der Patienten.
9. Lokaler Grundversorger. 1992 lancierte der Konzern mit dem Mayo Clinic Health System ein Grundversorgungsnetzwerk; es hat inzwischen rund 100 Standorte in ländischen Gegenden des Mittleren Westens der USA.
10. Globale Ausstrahlung. Mayo ist zudem spezialisiert auf eine hochstehende Spitalversorgung, die ein internationales Publikum nach Rochester bringen soll. Zum Service gehören kostenlose Dolmetscherdienste für ausländische Patienten.

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