Steigende Gesundheitskosten: Beschleunigung setzt sich fort

Auch im zweiten Quartal ist ein deutliches Wachstum der Gesundheitsausgaben zu verzeichnen. Im Quartalsvergleich betrug der Anstieg 5,9 Prozent.

, 11. August 2023 um 08:54
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Die Entwicklung der Gesundheitskosten geht in die falsche Richtung. | Unsplash
Die Gesundheitskosten sind im zweiten Quartal 2023 im Jahresvergleich um 4,2 Prozent gestiegen. Anders ausgedrückt: Jede versicherte Person in der Schweiz hat von Juli 2022 bis Juni 2023 durchschnittlich rund 4'450 Franken an Leistungen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung beansprucht. Damit setzt sich die im ersten Quartal des Jahres beobachtete Beschleunigung fort und die Wachstumsrate liegt im oberen Bereich der letzten Beobachtungen, wie das aktuelle Monitoring der Krankenversicherungs-Kostenentwicklung (Mokke) zeigt.
Überblick über die Wachstumsraten der letzten Quartale im Jahresvergleich:
2. Quartal 2023 : 4,2 Prozent
1. Quartal 2023 : 3,3 Prozent
4. Quartal 2022 : 2,9 Prozent
3. Quartal 2022 : 3,1 Prozent
2. Quartal 2022 : 4,7 Prozent

Diese Kostengruppen wachsen überdurchschnittlich

Bezogen auf das Quartalswachstum (2. Quartal 2023 im Vergleich zum 2. Quartal 2022) beträgt der Kostenanstieg 5,9 Prozent. Die Bereiche, die dazu am meisten beigetragen haben, sind in der Reihenfolge ihrer Bedeutung die ambulanten Behandlungen in Spitälern (6,0 Prozent), die Spitalaufenthalte (6,0 Prozent), die in Apotheken verkauften Medikamente (6,3 Prozent) und die von rzten selbstdispensierenden Medikamente (5,4 Prozent).
Die Physiotherapie (6,0 Prozent), die Spitex (5.4 Prozent), die Pflegeheime (5,0 Prozent) und die Apotheken beziehungsweise der Medikamentenverbrauch (4,6 Prozent ) weisen ebenso ein überdurchschnittliches Wachstum aus.

Psychotherapie und Podologen als weitere Kostentreiber

Die Kostengruppe «Übrige» (49,9 Prozent) verzeichnet einen sehr starken Anstieg, der jedoch hauptsächlich auf eine neue Kostenzuordnung zu dieser Gruppe zurückzuführen ist. Die entsprechenden Kosten stammen von den Psychologischen Psychotherapeuten, die bisher in der Kostengruppe «Ärztliche Behandlungen (ohne Labor)» erfasst wurden. Seit Anfang Juli haben Psychotherapeuten die Möglichkeit, ihre Tätigkeit selbständig zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung auszuüben.
Zur Kostengruppe «Übrige» gehören auch die Leistungen der Podologinnen und Podologen, die seit Januar 2022 neu zu Lasten der obligatorischen Krankenkasse vergütet werden. Diese Leistungen tragen gemäss BAG ebenfalls zum starken Wachstum dieser Kostengruppe bei.
Einzig die Labore weisen ein rückläufiges Wachstum aus. Der Rückgang von 9,7 Prozent ist die Folge der linearen Tarifsenkung für Laboranalysen um 10 Prozent, die vor einem Jahr in Kraft getreten ist. Grund war unter anderem, dass die Labortarife in den Arztpraxen gemäss Preisüberwacher durchschnittlich 4.5 Mal so hoch waren wie in vergleichbaren Ländern

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Die Entwicklung lässt für die Prämien vom Herbst nichts Gutes erahnen. | Screenshot BAG
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