Spitaldirektoren rechnen mit Konkurswelle

Die Kantonsspitals-CEO Hugo Keune, Adrian Schmitter und Kristian Schneider sind sich einig: Die Kantone werden bald grossflächig Spitäler retten müssen.

, 31. März 2024 um 18:44
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Das Spital der Zukunft? — Symbolbild: Medinside, erstellt mit Midjourney.
Bei den Spitälern könnte dasselbe passieren wie einst bei der Swissair und jüngst bei der Credit Suisse: Alle halten sie für unzerstörbar – aber plötzlich rutscht so eine bombensichere Institution in den Konkurs.
Diese Warnung bringen nun drei Spitaldirektoren gemeinsam vor: Hugo Keune vom Kantonsspital Graubünden, Kristian Schneider vom Spitalzentrum Biel und Adrian Schmitter vom Kantonsspital Baden zeigen sich in einem Interview mit der «Sonntagszeitung» einig, dass wir ernsthaft mit dem Bankrott von Zentrumsspitälern rechnen müssen.
«Auch wenn es das noch nicht gab: Ein harter Konkurs ist absolut möglich», sagte Hugo Keune im SoZ-Gespräch. Kristian Schneider doppelte nach: «Und die Konkurse werden kommen, wenn es so weitergeht. In drei bis vier Jahren haben auch viele Kantonsspitäler keine Liquidität mehr. Dann wird den Kantonen nichts anderes übrig bleiben, als sie grossflächig zu retten – oder zu schliessen.»

«…wird jedes Spital in Konkurs gehen»

Und Adrian Schmitter erinnerte daran, dass in Deutschland in den letzten zwei Jahren schon 40 Kliniken bankrott gingen. Das gesamte System sei in Schieflage geraten, so der KSB-Chef.
Die Analyse der Ursachen wurde auch andernorts schon öfters vorgebracht: Stagnierende Tarife, höhere Kosten (insbesondere Lohnkosten), zudem stetig höhere Anforderungen der Patienten – all dies bringt die Spitäler in die Klemme.
Keune, Schmitter und Schneider führen die Linie nun weiter in die nächsten Jahre. «Die Preissteigerung addiert sich also fortlaufend», so etwa KSGR-Chef Hugo Keune in der «Sonntagszeitung»: «Wenn wir eine erhöhte Teuerung ohne vollen Ausgleich bei den ambulanten und stationären Tarifen haben in den kommenden fünf Jahren, wird jedes Spital in Konkurs gehen. So viel ist jetzt schon klar.»

Abbau ist auch keine Lösung

Bemerkenswert ist ein weiteres Detail, das im Gespräch herausgearbeitet wird: Würden zahlungsunfähige Spitäler verschwinden, so wäre damit kaum ein Problem gelöst; denn es fehlt ja nicht an der Nachfrage – im Gegenteil.
«So [durch Schliessungen] könnte man in der Theorie sparen, wenn man denn unausgelastete Spitäler hätte», sagte beispielsweise Hugo Keune: «Wenn dann ein paar Standorte schliessen, würden sich die Patientinnen auf die restlichen Häuser verteilen, die dann voll ausgelastet und damit günstiger wären; aber die Realität ist ja, dass heute viele schon ausgelastet sind, auch die kleinen. Wenn Sie die schliessen, werden die grossen noch mehr überrannt.»
Keune, Schmitter und Schneider sind sich folglich in einem Punkt einig: «Die Tarife für stationäre und ambulante Behandlungen müssen hoch. Sonst fahren wir das System an die Wand», wie es Adrian Schmitter formuliert.
Oder aber die Schweiz kehrt faktisch zurück zum alten System der Spitalfinanzierung durch den Staat.

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