Wie praktisch ist ein Praxis- oder Klinikinformationssystem wirklich? Und vor allem: Wie hilfreich ist es, wenn man die Sicherheit ins Zentrum stellt? Zu solchen Fragen liegt nun eine grosse Erhebung unter Schweizer Ärzten vor – und die Ergebnisse sind ernüchternd.
So bezweifelt eine Mehrheit der Befragten, dass ihr Informationssystem die Patientensicherheit verbessert (56 Prozent). Die Hälfte erachtet ihr PIS beziehungweise KIS als ineffizient (50 Prozent). Und bei der Bewertung der Nützlichkeit erhielten die Systeme im Schnitt nur 52 Prozent des maximal möglichen Wertes (➡️ zu den
Aspekten im Detail).
Unterm Strich zeigten sich nur die Hälfte der Ärztinnen und Ärzte zufrieden mit ihrem System (50 Prozent).
Die Aussagen wurden erarbeitet von einem Team unter der Leitung von
David Schwappach; der ehemalige Direktor der Stiftung Patientensicherheit forscht heute am Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität. Die Wissenschaftler befragten dabei 1’933 Ärztinnen und Ärzte in der Schweiz; davon gab die Hälfte an, dass sie mehr als zwei Jahre Erfahrung mit ihrem PIS haben (50 Prozent). Insgesamt wurden 16 verschiedene Klinik-Informationssysteme in Spitälern sowie 24 Praxisinformationssysteme im ambulanten Umfeld hinterfragt.
Heraus kamen auch deutliche Unterschiede zwischen Spital- und Praxisärzten (beziehungsweise deren jeweiligen Systemen): Spital-KIS schnitten schlechter ab (Durchschnittspunktzahl 3,52 versus 2,95 auf einer Skala von 1 bis 5). Allerdings: Es gab auch innerhalb der Gruppen – ob Praxen oder Spitäler – erhebliche Unterschiede in der Beurteilung; speziell im Spitalbereich deuteten sich grosse Gräben in der Einschätzung der KIS an.
«Es ist alarmierend, dass fast zwei Drittel der Spitalärzte angaben, die Ineffizienz der elektronischen Patientenakte verschwende täglich ihre Zeit.»
Besonders kritisch urteilten Mediziner, die erst wenig Erfahrung mit ihrem System hatten, sowie Ärzte, die in komplexen und temporeichen Umfeldern arbeiteten. So zeigten sich Intensivmediziner und Anästhesisten am wenigsten zufrieden. Beide Aspekte könnten erklären, weshalb Spitalärzte ihre Technik deutlich schlechter beurteilten als niedergelassene Ärzte – so eine Interpretation des Forscherteams.
«Insgesamt widersprach eine grosse Anzahl von Ärzten der Vorstellung, dass ihr Praxisinformationssystem eine sichere und effiziente Patientenversorgung unterstützt», fassen die Autoren ihre Ergebnisse zusammen: «Spitalärzte gaben deutlich schlechtere Bewertungen ab. Es ist alarmierend, dass fast zwei Drittel der Krankenhausärzte angaben, die Ineffizienz der elektronischen Patientenakte verschwende täglich ihre Zeit, und nur 40 Prozent stimmten zu, dass ihre elektronische Patientenakte hilft, Behandlungsfehler zu vermeiden – ein Versagen der beiden wichtigsten Versprechen der Digitalisierung im Gesundheitswesen.»
In einer breiteren Betrachtung, so die «Discussion» weiter, deuteten die Resultate an, dass es in den letzten 15 Jahren «keine wesentlichen Verbesserungen bei der Benutzerfreundlichkeit und Sicherheit elektronischer Praxissysteme gegeben hat».