Weg vom Dammschnitt

Die Zahl der Dammschnitte bei Geburten ist massiv gesunken - dennoch wird der Eingriff an vielen Schweizer Spitälern doppelt so häufig angewandt wie von der WHO empfohlen.

, 24. August 2018 um 09:03
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Noch in den 1980er-Jahren wurde er bei 90 Prozent der Spontangeburten durchgeführt: ein Dammschnitt. Bei diesem wird der Scheideneingang mit Skalpell oder Operationsschere  weiter aufgeschnitten. Doch Studien zeigten, dass ein Dammschnitt häufig nicht sinnvoll ist, wie das Schweizer Wissensmagazin «Higgs» schreibt. So kam die Weltgesundheitsorganisation WHO schon vor längerer Zeit zum Schluss, dass routinemässig durchgeführt Dammschnitte keinen positiven Nutzen brächten. So war der Beckenboden nach der Geburt trotz des Eingriffs nicht weniger ersehrter und auch ein Schutz vor späterer Inkontinenz konnte nicht nachgewiesen werden. Studien zeigten auch, dass ein von selbst gerissener Damm häufig besser und schneller verheilt als ein künstlich aufgeschnittener. Eine Befragung zeigte, dass 16 Prozent der Betroffenen Frauen nach der Geburt an beachtlichen Schmerzen beim Geschlechtsverkehr litten.
Die Zahl der Dammschnitt ist rückläufig. Doch in der Schweiz wird er immer noch häufig angewandt. Denn während die WHO eine Dammschnitt bei 10 Prozent aller Geburten als begründet erachtet, wird er laut «Higgs» in der Schweiz rund doppelt so oft durchgeführt, wie ein Blick in die Statistik einzelner Kliniken zeigt. Triemlispital Zürich: 18 Prozent, Inselspital in Bern: 22 Prozent, Daler-Spital in Freiburg: 26 Prozent. 2016 wurden in der Schweiz gemäss offizieller Statistik noch rund 11'000 Dammschnitte vorgenommen. Tatsächlich dürfte die Zahl höher liegen - Dammschnitte unterliegen keiner Meldepflicht.
Mangelnde Zeit des Personals als Ursache
Gemäss Leitlinien ist ein Dammschnitt heute nur dann zugelassen, wenn er medizinisch angezeigt ist. Etwa, wenn die Herztöne des Kindes abfallen und das Kind rasch entbunden werden soll. Dass der Dammschnitt dennoch oft angewendet wird erklärt der Hebammenverband im «Higgs» mit der mangelnden Zeit des Personals ins Spitälern. «Mit einer Eins-zu-eins-Betreuung kann man die Gebärende am ehesten so anleiten und versorgen, dass sie gar keinen Schnitt braucht.» So wurde etwa im Zürcher Gebrurtshaus Delphys 2015 nur bei einem Prozent der Frauen ein Dammschnitt vorgenommen.
Zum Standard wurde der in der Fachsprache als Episiotomie bezeichnete Dammschnitt in den 1920er-Jahren in den USA. Mit dem Dammschnitt wollte man die Geburten beschleunigen, Risse in der Beckenbodenmuskulatur reduzieren und dem Hinunterrutschen der Organe durch intensives Pressen vorbeugen. 

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