Schlecht klassierte Spitäler fürchten um ihren Ruf

Das Spital Limmattal und die Insel-Gruppe fühlen sich falsch bewertet: Ihre hohe Zahl an Wiedereintritten habe nichts mit mangelnder Qualität zu tun, betonen sie. Sondern mit besonderer Vorsicht.

, 20. November 2019 um 11:48
image
«Zürcher Unispital und Triemli haben ein Qualitätsproblem» oder «Grosse Schweizer Spitäler weisen mangelhafte Qualität auf»: Diese Schlagzeilen in den Schweizer Medien stossen den betroffenen Spitäler auf. Einige Spitäler fürchten um ihren Ruf.
Anlass zu den Schlagzeilen ist die jährliche Analyse des nationalen Vereins für Qualitätsentwicklung in Spitälern (ANQ). Dessen Untersuchung zeigt: 2017 hatten 33 von 193 Spitälern zu viele Wiedereintritte nach Operationen.

Bern, Lausanne und Zürich haben zu viele Wiedereintritte

Zu den schlecht klassierten gehören drei der fünf Universitätsspitäler, nämlich Bern, Lausanne und Zürich. Ausserdem etliche Kantonsspitäler, wie Liestal, Bruderholz, Tafers, Olten, Bellinzona und Lugano.
Ebenfalls in dieser Liste taucht das Spital Limmattal auf – schon zum zweiten Mal. Die Spitalverantwortlichen betonen nun: «Rückschlüsse auf die Behandlungsqualität können nicht gezogen werden.» Trotzdem, so klagen sie, hätten verschiedene Medien genau das gemacht.

Ist man im Limmattal besonders vorsichtig?

Das Spital Limmattal zieht dann ebenfalls einen Rückschluss auf die Behandlungsqualität, allerdings einen umgekehrten: In Wirklichkeit sei die hohe Wiedereintrittsrate ein Zeichen besonderer Vorsicht. «Wenn sich Patienten nach einem Eingriff melden und sich unsicher fühlen, werden die Rückmeldungen sehr ernst genommen», schreibt das Spital in einer Medienmitteilung.
Ein Verdacht auf Komplikationen könnte manchmal nur mit einem Wiedereintritt sicher ausgeschlossen werden, argumentieren die Verantwortlichen und kommen zum Schluss: «Wir nehmen somit für die Sicherheit unserer Patienten gerne etwas schlechtere ANQ-Statistiken in Kauf.»

ANQ sagt: Keine seriöse Ranglisten möglich

Auch die Insel-Gruppe wehrt sich dagegen, dass die ANQ-Zahlen falsche Vorstellungen wecken könnten. Die Wiedereintritte seien nur zu einem geringen Teil auf Fehler zurückzuführen, sagte Mediensprecher Marcel Wyler gegenüber der «Berner Zeitung».
In der Tat weist ANQ ausdrücklich darauf hin, dass sich aus den Messergebnissen «keine seriösen Ranglisten ableiten lassen.» Jedes Ergebnis bilde nur einen Aspekt der Qualität ab und sage nichts über die Gesamtqualität eines Spitals aus.
Trotzdem findet ANQ die Analyse aufschlussreich, wie es in dessen Mitteilung heisst: So zeige sich bei der Zusatzanalyse zum Beispiel, dass deutlich mehr Patienten ein zweites Mal ins Spital müssen, welche zuvor sehr kurz oder sehr lang im Spital waren. Bei sehr langen Aufenthalten hatten die Patienten möglicherweise schon im Spital unerwartete Komplikationen. Sehr kurze Aufenthalte zeigten möglicherweise die neuere Praxis der Spitäler, die Aufenthaltsdauer generell zu senken.

2017 war schlechter als 2015

ANQ hat 2017 über 880 000 Spitalaustritte von 193 Spitälern untersucht. Das Resultat: 33 Spitäler haben mehr Wiedereintritte, als im Normalfall zu erwarten wäre. Das sind 14 Spitäler weniger als 2016, aber immer noch 15 mehr als 2015.
Landesweit und über alle Spitaltypen betrachtet beträgt die Wiedereintrittsrate derzeit 1,04. Im Vorjahr waren es 1,05. Höhere Rehospitalisationsraten weisen derzeit mehrheitlich folgende Spitaltypen auf: drei von fünf Universitätsspitäler, dass heisst Versorgungsniveau 1, und fast ein Viertel der Spitäler mit Versorgungsniveau 2.
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Spital Riggisberg: Nur noch vier Operationstage pro Woche

Die Insel Gruppe reduziert die OP-Tage am Spital Riggisberg: Statt an fünf wird ab April an vier Tagen operiert – aus Kostengründen und wegen geringer Auslastung.

image

Spitalverband Limmattal kratzt an der 10-Prozent-Marke

Mit einer Ebitda-Marge von 9 Prozent zeigt das Spital in Schlieren, dass ökonomischer Erfolg trotz der bekannten Herausforderungen möglich ist.

image

Innere Medizin: Mattia Arrigo wechselt vom Stadtspital Zürich nach Lugano

Tessiner Kantonsspitalgruppe EOC hat Arrigo zum Leiter der internistischen Abteilung am Regionalspital Lugano ernannt.

image

Innovative Kinderradiologie am Kantonsspital Baden

Das Kantonsspital Baden setzt in seinem Neubau neue Massstäbe in der patientenfreundlichen Versorgung von Kindern und Jugendlichen. Die Kinderradiologie bietet ein breites Spektrum an diagnostischen und therapeutischen Leistungen und arbeitet eng mit anderen Fachbereichen zusammen.

image

Co-Creation im Gesundheitswesen

Zippsafe revolutioniert mit seinen Produkten das Gesundheitswesen. Ein platzsparendes Spindsystem optimiert Personalumkleiden, während ZippBag und ZippScan den Umgang mit Patienteneigentum verbessern. Erfahren Sie, wie die Produkte durch enge Zusammenarbeit mit Schweizer Spitälern entwickelt wurden.

image

Effiziente Desinfektion: Plastikfrei & nachhaltig

Die Bacillol® 30 Sensitive Green Tissues bieten nachhaltige und effektive Desinfektion. Sie bestehen aus 100% plastikfreien Cellulosetücher und reduzieren CO₂-Emissionen um 25% pro Packung. Mit hoher Reissfestigkeit, grosser Reichweite und Hautverträglichkeit sind sie optimal für Hygiene und Umwelt.

Vom gleichen Autor

image

«Das Inselspital ist noch lange nicht über den Berg»

Das Inselspital wartete mit guten Meldungen auf. Doch der Insel-Kritiker Heinz Locher gibt keine Entwarnung.

image

Im Schaufenster stehen vor allem unwirksame Medikamente

Bieler Ärzte schlagen eine neue Etikette für rezeptfreie Arzneimittel vor. Sie soll zeigen, wie verlässlich die Wirksamkeit nachgewiesen worden ist.

image

«Hausarzt ist kein Beruf, den man subventionieren muss»

Ein Arzt macht vor, wie eine Berggemeinde zu medizinischer Versorgung kommt. Und er kritisiert Kollegen, die einfach ihre Praxis schliessen.