Bei der Diagnose und der Thearpie bestimmter Krebsarten wie Haut-, Brust- und Prostatakrebs spielen Schildwächterlymphknoten eine zentrale Rolle: Wenn Krebszellen von der Lymphe abtransportiert und im Körper verteilt werden, gelangen sie zuerst in diese Wächterlymphknoten. Sind diese mit Tumorzellen befallen, haben sich mit grosser Wahrscheinlichkeit bereits weitere Metastasen gebildet.
Ärzte untersuchen die Knoten jeweils nach dem Herausschneiden des Tumors um zu prüfen, ob er gestreut hat. Trotz Fortschritten in der Medizin ist es für sie allerdings während einer Operation noch immer schwierig, die exakte Lage von Schildwächterknoten auszumachen und zu erkennen, ob der befallene Lymphknoten vollständig entfernt wurde.
Software, Kamera, Farbstoff
Mit einer neuartigen 3D-Brille liefern Forscher des
Fraunhofer-Instituts für Graphische Datenverarbeitung IGD den Medizinern nun eine Navigationshilfe, die das Entfernen der Knoten erleichtert. Bei dem Projekt kooperieren die Wissenschaftler mit der Dermatologie der Universitätsklinik Essen und der Trivisio Prototyping GmbH.
Das Augmented-Reality-System unterstützt die Ärzte mithilfe von Markierungen beim Lokalisieren der Lymphknoten. Das Besondere daran ist es laut den Forschern, dass die Brille in Kombination mit einer Navigationssoftware, mit einem System von Infrarotkameras und mit dem Fluoreszenzfarbstoff Indodyaningrün (ICG) funktioniert.
Lymphknoten erscheint in 3D
«Um den betroffenen Lymphknoten sichtbar zu machen, wird dem Patienten ein Fluoreszenzfarbstoff in die direkte Umgebung des Tumors gespritzt, der sich über die Lymphbahnen verteilt und im Wächterlymphknoten sammelt», erklärt Stefan Wesarg vom Fraunhofer IGD. Das Infrarotlicht dient dazu, den Farbstoff zur Fluoreszenz anzuregen.
Die Infrarotkameras erfassen die Fluoreszenz und rekonstruieren den betroffenen Lymphknoten in 3D. Dessen Position wird dem Arzt in Echtzeit und ortsgenau in der Datenbrille eingeblendet. «Der Arzt kann durch die grüne Einfärbung feststellen, ob er tatsächlich alles Nötige herausgeschnitten hat», so Wesarg.
Fluoreszenzfarbe ersetzt radioaktive Substanz
Bislang verwendeten Ärzte eine radioaktive Substanz zur Markierung. ICG soll diesen schädlichen Stoff ersetzen, womit Patienten laut den Fraunhofer-Wissenschaftlern «wesentlich schonender» behandelt werden können.
Die Methode soll auch eine Zeitersparnis bringen; die Rede ist von etwa 30 Minuten: Weil die Datenbrille einen befallenen Knoten sofort einblendet, muss der Operateur nicht auf einen zusätzlichen Monitor schauen. «Der Arzt kann sich ganz auf den Patienten konzentrieren und so stressfreier operieren», verspricht Wesarg.
- Das System «3D-ARILE» wird vom 13. bis 16. November 2017 an der weltgrössten Messe der Medizinbranche Medica in Düsseldorf präsentiert. Es ist zum Patent angemeldet und wird auf den Markt gebracht.
Die Soft- und Hardware im klinischen Live-Test im Universitätsklinikum Essen (Bild: Trivisio)