Was unsere Fingernägel über unsere Ernährung verraten

Eine Studie der Hochschule Fulda zeigt erstmals im Detail, wie zuverlässig Mineralstoffmuster in Nägeln den Ernährungsstil abbilden können.

, 20. November 2025 um 05:00
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Nagelproben könnten bald die klassische Blutprobe ersetzen, wenn es um Mikronährstoffe geht.: Bild: >Unsplash
Können Fingernägel mehr über das Ernährungsverhalten verraten als bisher angenommen? Eine in «BioFactors» publizierte Studie legt nahe, dass Mineralstoffmuster im Nagel ein bislang unterschätztes Potenzial für die Ernährungs- und Präventionsmedizin besitzen.
«Nagelproben werden hauptsächlich für toxikologische Untersuchungen auf Schwermetalle verwendet. Wir dagegen wollten wissen, inwieweit sich diese auch für das Gesundheitsmonitoring einsetzen lassen», sagt Studienleiter Marc Birringer in einer Mitteilung der Hochschule Fulda.

Fingernägel speichern Mineralstoffmuster

Das Team analysierte Fingernägel von 184 Erwachsenen (18–81 Jahre). Mittels Massenspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma wurden Multi-Element-Profile erfasst und mit Ernährungsangaben, Supplementation, Gesundheitsdaten und sichtbaren Nagelveränderungen abgeglichen. Die zentralen Ergebnisse:
  • Selenaufnahme: Personen, die Selenpräparate einnahmen, hatten im Schnitt 20 Prozent höhere Selengehalte in den Nägeln. Auch eine omnivore Ernährung war mit höheren Selenwerten assoziiert als vegetarische oder vegane Kost.
  • Nagelveränderungen: Brüchige Nägel, Längsrillen oder weisse Flecken zeigten signifikante Abweichungen bei Kalium-, Natrium- oder Chromwerten.
  • Mineralstoffpaare: Insbesondere Analysen zu den Mineralstoffpaaren Kalium/Natrium sowie Calcium/Phosphor sollen künftig zusätzliche Informationen zum Ernährungsverhalten liefern.
«Fingernagelanalysen sind eine kostengünstige, nicht-invasive und alltagstaugliche Methode für die Ernährungs- und Präventionsforschung sind», so Birringer.
Langfristig plant das Team, die chemischen Analysen mit KI-gestützter Bildauswertung von Nageloberflächen zu verknüpfen, um Mikronährstoffdefizite früher zu erkennen.

Relevanz für die klinische Praxis

Noch handelt es sich um explorative Forschung. Doch das Konzept ist attraktiv:
  • Nagelproben sind einfach zu gewinnen, auch in der hausärztlichen oder geriatrischen Versorgung.
  • Mineralstoffmuster könnten künftig Screening-Ansätze unterstützen – insbesondere bei Risikogruppen für Mikronährstoffmangel (zum Beispiel ältere Personen, Menschen mit restriktiven Diäten).
  • In Kombination mit KI-Analysen könnten sich neue Tools für Präventionsmedizin, Telemedizin und Public Health entwickeln.

Zur Originalpublikation:

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