«In den vergangenen Monaten sorgten gleich mehrere Klinikdirektoren des Universitätsspitals Zürich (USZ) für negative Schlagzeilen. So wurden beispielsweise Vorfälle an der Herzklinik von einem leitenden Arzt der Spitaldirektion gemeldet, die diese von einer Anwaltskanzlei untersuchen liess. Ein erster Untersuchungsbericht bestätigt einen Teil der vorgeworfenen Verfehlungen. Ebenso stiessen die publik gewordene Höhe der ärztlichen Zusatzhonorare und die mit diesem Honorierungssystem verbundenen Fehlanreize in der Öffentlichkeit auf Unverständnis. Die gehäuften Vorkommnisse führten zu einem erheblichen Reputationsschaden für das USZ» - so schildern die Autoren des am Freitag publizierten «Bericht zur Governance» die Situation am USZ.
Die Res Publica Consulting AG hatte von der Zürcher Gesundheitsdirektion (GD) deshalb den Auftrag erhalten, die «aktuell bestehenden Aufsichts-, Leitungs- und Führungsstrukturen» abzubilden und diese im Hinblick auf «Wirksamkeit, Transparenz und Standards der Good Governance» kritisch zu untersuchen. Auch wurde das «Verhältnis zwischen den vier Instanzen GD, Spitalrat, Spitaldirektion und Klinikdirektoren/-innen» analysiert.
Eigentümerin erfuhr aus Medien von Missständen
Einer der Gründe für den Auftrag: Gemäss Eigentümerstrategie ist das USZ verpflichtet, die Gesundheitsdirektion frühzeitig über Vorkommnisse von grosser Tragweite zu informieren - bei den Vorfällen der letzten Monate hat dies aber offenbar nicht geklappt. Die Gesundheitsdirektion habe «teilweise erst kurz vor deren Veröffentlichung oder sogar erst direkt aus der Presse von den erwähnten Fällen am USZ erfahren.»
Deshalb kam es zum Abgang der Spitalratsspitze
Der Bericht macht 29 Feststellungen und Empfehlungen. Hier die wichtigsten davon.
Einer der Hauptempfehlungen wurde durch die
kürzlich kommunizierten Rücktritte aus dem Spitalrat bereits teilweise umgesetzt. So konstatierte der Bericht, dass wegen der ungenügenden Information der Gesundheitsdirektion «das Vertrauensverhältnis zwischen der Gesundheitsdirektion und dem Präsidium des Spitalrats belastet» sei. Es folgt die Empfehlung, «dass die Vorsteherin der Gesundheitsdirektion und das Präsidium des Spitalrats umgehend gemeinsam klären, ob und wie unter den gegebenen Umständen eine stabile Vertrauensbasis wiederaufgebaut werden kann (...). Falls dies als nicht realistisch erscheint, wird dem Spitalratspräsidium empfohlen, im Interesse des USZ einen personellen Neuanfang zu ermöglichen.» Letzteres ist nun erfolgt.
Strategisches Gremium falsch zusammengesetzt
Weiter bemängelt der Bericht das Fehlen eines Kommunikationskonzeptes für den Krisenfall, obwohl das USZ ein solches haben müsste. Auch die Zusammensetzung des Spitalrats wird kritisiert. Die Bereiche Medizin und Digitalisierung seien «untervertreten.» Person mit politischer Erfahrung seien derweil übervertreten.
Der Bericht empfiehlt weiter, «das Organisationsreglement des Spitalrats des Universitätsspitals Zürich USZ (...) mit einer Regelung betreffend Offenlegung von Interessensbindungen zu ergänzen. Dabei soll die Definition von ‹Interessensbindung› weit gefasst werden.»
Dies kann als Reaktion auf die in den letzten Monaten publik gewordenen Fälle und Vorwürfe verstanden werden.
Spitaldirektion soll gegenüber Klinikdirektionen mehr Macht erhalten
Gleichzeitig erkennt der Bericht auch interne Interessenskonflikte. Dies etwa, weil sowohl Spitaldirektion wie auch die Klinikdirektionen vom Spitalrat ernannt werden. Dies schwäche das Weisungsrecht der Spitaldirektion gegenüber den Klinikdirektorinnen und -direktoren. Es wird empfohlen, «eine Rechtsgrundlage zu schaffen, aus der das Weisungs- und Kontrollrecht der Spitaldirektion gegenüber den Klinik- und Institutsdirektorinnen und -direktoren klar hervorgeht.»
Der Bericht rügt auch die Kultur in den einzelnen medizinischen Kliniken und Instituten. Den separaten Artikel dazu können Sie
hier nachlesen.
Der ganze Bericht kann
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