Der Zürcher Kantonsrat wollte an diesem Montag den Jahresbericht 2024 des Universitätsspitals prüfen und absegnen. Doch statt Bilanzzahlen oder Investitionsplänen geriet bald die Urologie ins Zentrum der Debatte. Natalie Rickli, die Gesundheitsdirektorin, spiesste in ihrer Rede den Fall auf, bei dem der Direktor der Klinik für Urologie einem Untergebenen ein unkorrektes Attest ausgestellt hatte. «Dass in der Klinik für Urologie wissentlich falsche Angaben gemacht wurden bei der Prüfungsanmeldung, ist für mich ein gravierendes Fehlverhalten in einem sehr sensiblen Bereich», sagte die SVP-Regierungsrätin. «Auch wenn es nur ein Fall war.»
Im Mai hatte die «Neue Zürcher Zeitung» publik gemacht, dass sich ein Leitender Arzt des Universitätsspitals Zürich für die Prüfung «Schwerpunkt operative Urologie» angemeldet hatte – obschon er nicht alle dafür nötigen Eingriffe geleistet hatte. Klinikdirektor Daniel Eberli unterschrieb den Antrag. Doch der Fall flog auf und das Spital leitete eine Untersuchung ein. Am Ende kam das USZ zum Schluss, dass eine Kündigung unverhältnismässig sei, zumal es sich um ein Fehlverhalten handle, bei dem nicht Patienten gefährdet worden seien.
«Ich habe langsam genug…»
Die öffentliche Reaktion der zuständigen Regierungsrätin war jetzt aber heftig. «Erneut wurde das Vertrauen in die Ärzteschaft beschädigt», sagte Natalie Rickli: «Ich habe langsam genug von Klinikdirektoren, die für Negativschlagzeilen sorgen. Die ergriffenenen personalrechtlichen Massnahmen sind meiner Meinung nach zuwenig einschneidend – gerade auch, wenn man die hohen Löhne in der Urologie anschaut.»
Und weiter: «Wie sollen die beiden Herren Vorbild sein für den Nachwuchs, für die Ärzteschaft, für die Pflegenden oder für andere Berufsgruppen? Aber das Personalrecht lässt härtere Konsequenzen nicht zu.»
Dann folgte der regierungsrätliche Wink mit dem Zaunpfahl: «Offenbar kann man den beiden Herren nicht kündigen. Vielleicht kündigen sie ja selber.»
Eier in der Urologie
Die nächste rhetorische Stufe zündete Kantonsrat Andreas Juchli umgehend danach. In der Debatte widmete sich der FDP-Politiker erneut der «Causa Eberli». «Der Dr. Eberli tut, als sei ihm einfach ein Lapsus unterlaufen», sagte Juchli in seiner vorbereiteten Rede. Dabei habe der Kaderarzt die Anforderungen für die Facharztprüfung definitiv nicht erfüllt: «Nicht ein wenig nicht. Einfach nicht», so Juchli; er ist Mitglied der Aufsichtskommission Bildung und Gesundheit (ABG), Arzt und hauptamtlich CEO von JDMT Medical Services.
Obendrein habe der Klinikdirektor behauptet, ein Vorstand der Urologischen Gesellschaft habe ihm gesagt, er solle den «Schützling» (O-Ton Juchli) anmelden – im Wissen darum, dass dieser die Anforderungen nicht erfüllte.
«Er hätte keine Eier». So stehe es in einem Erinnerungsprotokoll, das der Kommission vorliegt und von dem auch die USZ-Leitung Kenntnis habe.
Zusammengefasst gelte für das USZ wohl das Prinzip: «Betrüge, lüge und gliichwohl Kinikdiräktor bliibe», so der Parlamentarier auf Zürichdeutsch.
Zu Beginn der Debatte hatte bereits ABG-Präsidentin Raffaela Fehr (FDP) auf gewisse Compliance-Schwächen am Universitätsspital verwiesen. Zwar habe die heutige Spitalführung eine konsequente Haltung. Doch das USZ sei «ein grosser Laden». Und erneut habe ein Klinikdirektor für Aufsehen gesorgt.«Fehlbares Verhalten muss Konsequenzen nach sich ziehen», sagte Fehr. Die Entwicklung «weg von kleinen Königreichen muss weiter beschritten werden.»