«Dieser Gerichtsentscheid ist innovationsfeindlich»

Mit einem Entscheid zur Zürcher Reha-Spitalliste würgt das Bundesgericht unnötigerweise echte Innovationen ab. Für den Gesundheitsökonomen Heinz Locher ist das absurd.

, 11. Juli 2019 um 10:11
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Der Kanton Thurgau hat sich erfolgreich gegen die geplanten 36 Betten der Rehaclinic Zürich am Standort Spital Limmattal in Schlieren gewehrt. Das Bundesverwaltungsgericht kommt in einem am Mittwoch publizierten Entscheid nämlich zum Schluss: Die Zürcher hätten das neue Angebot mit den Nachbarkantonen mehr koordinieren sollen – und den Bedarf besser klären.

Heinz Locher ist empört

Für die Richter könne die Zuteilung von zusätzlichen Kapazitäten ohne eine vorgängige Evaluation zu Überkapazitäten führen, wie aus dem Urteil hervorgeht. Und eine kurzfristige Planungsänderung sei nur in Ausnahmefällen zulässig – wie beispielsweise bei einem ausgewiesenen Bedarf.
Der bekannte Gesundheitsökonom Heinz Locher kann diesen Entscheid nicht nachvollziehen. Das Gerichtsurteil sei zwar formaljuristisch korrekt. Doch für Locher verhindere das Bundesverwaltungsgericht echte Innovationen. Den Gerichtsentscheid bezeichnet der Experte deshalb als «engstmögliche Auslegung gegen Innovationen».

Rehaclinic verzichtet nun auf das Angebot

Die Rehaclinic aus Bad Zurzach wurde im vergangenen August mit Standort Spital Limmattal in die Spitalliste aufgenommen. Von 2019 bis 2021 sollte ein neues Versorgungsmodell – Klinik-in-Klinik-Modell – als Pilotforschungsprojekt getestet werden. Vorgesehen war die Behandlung von Schlaganfallpatienten.
Die Rehaclinic verzichtet in Schlieren nun vorerst auf die spezielle Neuroreha-Abteilung. Man werde sich stattdessen auf die Rehabilitation von «normalen» Verunfallten konzentrieren, schreibt die Rehaclinic in einer Mitteilung. 

«Versteinerung des Gesundheitswesen»

Der Zürcher Regierungsrat hatte, so die Beschwerde der Thurgauer weiter, vorgängig auch keine Bedarfsabklärung gemacht. Die Zürcher Exekutive begründete das Vorgehen aber damit, dass es sich um ein auf drei Jahre befristetes Pilotprojekt handle. Müsste man für jeden Versuch die strikten Planungsregeln einhalten, wäre keine Innovation möglich.
Diesem Argument kann Heinz Locher nur zustimmen. Der Gesundheitsökonom und Mitglied der Expertengruppe des Bundesrates äussert nach diesem Präzedenzfall auch Bedenken zum geplanten Experimentierartikel. Dieser könnte nun unnötigerweise echte innovative Modelle verbürokratisieren. Und diese «juristisch-bürokratische Orgie» trage in schlimmer Weise zu einer Versteinerung unseres Gesundheitswesen bei.
  •   Urteil C-5379/2018 vom 02.07.2019
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