Wäre die Hirslanden-Klinik Belair ein öffentliches Spital, sähe die Welt ganz anders aus: Statt einem Konsultationsverfahren und
der drohenden Schliessung gäbe es politische Diskussionen und Volksabstimmungen. Kurz: Es ginge alles viel langsamer und komplizierter.
Eine Spitalschliessung ist zwar politisch unerwünscht, aber nicht per se schlecht. Im Gegenteil. Das drohende Aus der Klinik Belair ist nur ein weiteres Signal an die Gesundheitsbranche und auch an die Gesundheitspolitiker. Es zeigt, in welcher schwierigen Lage die Spitäler in der Schweiz stecken. Denn nicht nur Hirslanden steht unter Druck, sondern überhaupt alle Spitäler und Kliniken in der Schweiz.
Aktionärsmehrwert als Hauptziel
Aber Hirslanden ist ein Privatspital. Deshalb dürfte die Konsolidierung hier rascher voranschreiten als anderswo. Und die private Klinikkette ist exponiert und steht deshalb unter genauer Beobachtung von verschiedenen Akteuren. Diese Perspektive kommt manchmal etwas zu kurz, auch in diesen Spalten.
Die Ausgangslage für Hirslanden ist also eine ganz andere als für öffentliche Spitäler. Nicht nur vor dem Hintergrund der vielfach beklagten fehlenden Subventionen. Denn nebst dem schwierigen Branchenumfeld dürfte auch die Muttergesellschaft Druck erzeugen. Die Schweizer Privatklinikgruppe ist der grösste Ergebnislieferant des südafrikanisch-britischen Mediclinic-Konzern. Die Mediclinic-Aktionäre, allen voran Hauptaktionär und Milliardär Johann Rupert, müssen seit einiger Zeit sinkende Kurse in Kauf nehmen: Der Kurs ist in den letzten zwei Jahren um mehr als 60 Prozent gefallen.
Höhere Erwartungen als bei öffentlichen Spitälern
Dieser Kursverfall an der Börse hat auch damit zu tun, dass die Marke Hirslanden Schrammen bekommen hat. So musste die Gruppe erst vor kurzem bei Anlagen und Markenwerte Abschreiber im Umfang von über 300 Millionen Franken verbuchen. Bereits vor einem Jahr hatte Mediclinic für Hirslanden eine drastische Wertberichtigung von rund 840 Millionen Franken vorgenommen. Doch wie stark eine Marke wirklich ist, lässt sich nur schwer feststellen. Und es gibt keine Vergleiche: Öffentliche Spitäler müssen keine regulatorische Werthaltigkeits-Test für Marken, Goodwill oder Anlagevermögen durchführen.
Fazit: Privatspitäler sehen sich noch mehr gezwungen, Entwicklungen im Umfeld rascher zu antizipieren und Entscheide umzusetzen als öffentliche Spitäler. Die Frage ist nun, ob es der neuen Hirslanden-Crew auch gelingt, die Gruppe unter den erschwerten Rahmenbedingungen wieder auf Kurs zu bringen? Hirslanden verzeichnete in den letzten drei Jahren mehrere Wechsel auf Konzernleitungsstufe, auch Neuzugänge von ausserhalb der Gesundheitsbranche. Und von den acht Mitgliedern des Gremiums sind nur gerade CEO Daniel Liedtke und CCO Christian Westerhoff langjährige Hirslanden-Manager. Diese vielen Wechsel lassen deshalb auch einen Hauch Zweifel aufkommen.