Die freie Arztwahl kostet 7000 Franken

Mit Bottom-up-Verträgen müssen Mehrleistungen beziffert werden. Nicht zum Vorteil des Spitals. Der «Beobachter» schildert das Beispiel einer Frau, bei der die freie Arztwahl im Basler Claraspital für die Entfernung der Schilddrüse 7000 Franken kostete.

, 7. Juli 2018 um 20:42
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Im Dunkeln lässt sich gut munkeln. Doch wenn die Tarife wirklich transparent werden, kommen Spitäler in Argumentationsnöte. Das zeigt der Fall einer erstaunten Patienten, wie ihn der «Beobachter» in seiner aktuellen Ausgabe beschreibt. 

Da staunte die Frau

Eine Leserin wollte die Kosten für die Entfernung der Schilddrüse im Basler Claraspital in Erfahrung bringen. «Bei der Durchsicht kam sie aus dem Staunen nicht mehr heraus», schreibt der «Beobachter».
Allgemein versichert kostet der Eingriff 9760 Franken. Das Claraspital verrechnete aber für die Spitalzusatzversicherung zusätzliche 7000 Franken. «Das Spital stellte Dinge in Rechnung, die bereits von der Grundversicherung bezahlt werden, etwa ärztliche Leistungen oder medizinisches Verbrauchsmaterial», wird die Frau im «Beobachter» zitiert.

Claraspital: «Unsere Abrechnungen sind transparent»

Sie wandte sich an die Krankenkasse, die Patientenstelle und an das Bundesamt für Gesundheit. Niemand soll es interessiert haben. Niemand sah darin ein Problem oder einen Missbrauch. Dies gilt auch für das Claraspital. «Unsere Abrechnungen sind transparent. Die freie Arztwahl ist eine klare Mehrleistung, die wir der Zusatzversicherung in Rechnung stellen dürfen», erklärt eine Sprecherin.
Transparent ist die Abrechnung alleweil. Ist die freie Arztwahl für die Entfernung der Schilddrüse aber wirklich 7000 Franken wert? Das müssen schliesslich die Krankenkassen beantworten, die mit den Spitälern die entsprechenden Verträge abschliessen. 
Die meisten Kassen verhandeln mit den Spitälern bei den Zusatzversicherungen nur noch über Mehrleistungsverträge und nehmen notfalls einen vertragslosen Zustand in Kauf, wie das derzeit beim Unispital Basel (USB) der Fall ist. Medinside berichtete. Die bisher verbreiteten Gesamtarbeitsverträge sind insbesondere mangels Transparenz passé.

Bottom-up statt Top-down

Auf einen kurzen Nenner gebracht: Bei Gesamtpreisverträgen legt das Spital für Zusatzversicherungen einen Preis fest, von dem dann der Anteil für die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) in Abzug gebracht wird. Die Differenz ist der Betrag, den die Zusatzversicherung zu entrichten hat. Man nennt dieses Tarifmodell Top-down. Bei den Mehrleistungsverträgen, genannt Bottom-up, sind alle Mehrleistungen, die über die OKP hinausgehen, klar auszuweisen.

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