«Ein Spital ist keine Grossbank»

Der VR-Präsident der grössten Spitalgruppe kritisiert das Finanzierungsmodell im Spitalwesen. Dieses schaden den Spitälern - und erhöhe die Kosten.

, 16. September 2019 um 06:30
image
Er frage sich, ob man mit der Ökonomisierung des Spitalwesens zu weit gegangen sei. Dies sagt der Verwaltungsratspräsident des grössten Spitalunternehmen, der Berner Insel Gruppe, im Interview mit dem «Bund». Bernhard Pulver war 12 lang Regierungsrat des Kantons Bern; seit Februar steht er der Insel Gruppe vor, zu der auch das Berner Unispital gehört.
Er sagt dazu weiter, dass die Medizin etwas Emotionales sei. Viele Sachen würden nicht des Umsatzes wegen gemacht, sondern weil es um Patienten gehe. Doch der durch das Finanzierungsmodell erzeugte ökonomische Druck habe «die Seele der Spitäler» getroffen. Die behandelnden Ärztinnen und Ärzte würden deshalb auch stets an die Einnahmen des Spitals denken. Das sei politisch so gewollt. Doch in der Praxis treibe das die Kosten - anders als beabsichtigt - auch hinauf. Zudem verändere es die Art, wie Medizin gemacht würde.
Für Pulver stehen im Spitalwesen heute die Finanzen zu stark im Mittelpunkt. Klar müssten die Spitäler ihre Investitionen selber finanzieren können. Doch die Daseinsberechtigung eines Spitals sei nicht der Gewinn - sondern die Medizin. Ein Spital sei ein Spital und keine Grossbank oder ein Industriekonzern, sagt Pulver dazu.

Gutes Jahresergebnis erwartet

Pulver äussert sich auch zum Geschäftsgang. Ende 2018 hatte die Insel Gruppe den Abbau von 150 Stellen angekündet. Dies mit dem Ziel, den Personalbestand bis Ende 2019 wieder auf den Stand von Juli 2018 zu senken. Man werde diesen Zielwert erreichen, sagt Pulver. Und wie geplant werde man dies in erster Linie über die natürliche Fluktuation schaffen. Zu Entlassungen sei es nur vereinzelt gekommen. 
Für das laufende Geschäftsjahr rechnet Pulver mit einem «deutlich besseren Resultat» als im Vorjahr. Damals schrieb das Unternehmen einen Gewinn von 12,1 Millionen Franken und erzielte eine EBITDA-Marge von 6,2 Prozent. 2020 werde kein Stellenabbau notwendig sein.
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Zürich: Fliegender Wechsel im Amt für Gesundheit

Jörg Gruber folgt auf Peter Indra, der sich «neuen Aufgaben zuwenden» möchte.

image
Gastbeitrag von Andri Silberschmidt

Es braucht mehr Wettbewerb bei den Laboranalysen

Ärztetarife werden ausgehandelt – aber bei den medizinischen Labors legt der Staat die Preise fest. Warum? Und vor allem: Wie lange noch?

image

Spitalplanung: Zusätzlicher Druck auf die Kantone

Die Kantone sollen nicht nur die Spitallisten koordinieren – sie sollen auch die Leistungsaufträge aufeinander abstimmen und gemeinsam erteilen.

image

«Vorstossinflation» zur Sicherung der Grundversorgung

Noch ehe die in Auftrag gegebenen Berichte vorliegen, verlangt das Parlament neue Bundesgesetze.

image

Freiburg: Radiologie-Techniker beklagen unfaires Vorgehen

Die Radiologiefachleute des Freiburger Spitals fechten ihre Lohneinstufung weiter an. Die Bewertungskommission sei ungerecht zusammengesetzt.

image

Parlament will Kinderpsychiatrie besser finanzieren

Mit grossem Mehr unterstützt das Parlament eine Motion, die so nicht umsetzbar ist.

Vom gleichen Autor

image

Covid-19 ist auch für das DRG-System eine Herausforderung

Die Fallpauschalen wurden für die Vergütung von Covid-19-Behandlungen adaptiert. Dieses Fazit zieht der Direktor eines Unispitals.

image

Ein Vogel verzögert Unispital-Neubau

Ein vom Aussterben bedrohter Wanderfalke nistet im künftigen Zürcher Kispi. Auch sonst sieht sich das Spital als Bauherrin mit speziellen Herausforderungen konfrontiert.

image

Preisdeckel für lukrative Spitalbehandlungen?

Das DRG-Modell setzt Fehlanreize, die zu Mengenausweitungen führen. Der Bund will deshalb eine gedeckelte Grundpauschale - für den Direktor des Unispitals Basel ist das der völlig falsche Weg.