Wenn jemand wegen einer Alkoholvergiftung notfallmässig in der Ausnüchterungszelle landet oder im Spital behandelt werden muss, soll die Krankenversicherung die Kosten dafür weiterhin übernehmen. Der Bundesrat hat eine Vorlage aus dem Parlament abgelehnt, die dies ändern wollte.
Eigenes Verschulden sei heute kein Kriterium dafür, ob die obligatorische Krankenpflegeversicherung die Kosten übernehme oder nicht,
teilte die Regierung am Mittwoch mit. «Eine Ausnahme bei übermässigem Alkoholkonsum käme einem Systemwechsel gleich und wäre mit dem Verfassungsgrundsatz der Rechtsgleichheit schwer vereinbar», heisst es.
Zudem seien weder die Wirksamkeit einer solchen Massnahme erwiesen noch die finanziellen Auswirkungen geklärt. Weiter befürchtet der Bundesrat, dass sich insbesondere Jugendliche und Personen aus bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen spät oder gar nicht in Behandlung begeben könnten, wenn sie die Kosten selbst tragen müssen.
12'000 Notfälle pro Jahr
Die Gesundheitskommissionen beider Räte wollen dagegen einen Wechsel bei der medizinischen Notversorgung wegen Alkoholvergiftung. Wer zu viel trinke und deshalb ins Spital oder in die Ausnüchterungszelle müsse, soll für die Kosten selber aufkommen. Medizinische Behandlungen als Folge von übermässigem Alkoholkonsum seien grundsätzlich selbst verschuldet, deshalb sollten die Betroffenen die Kosten auch selber übernehmen, argumentierten die Parlamentarier.
Der Vorentwurf der nationalrätlichen Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit erntete in der Vernehmlassung Kritik. Mit einer Ausnahme sprachen sich alle Kantone gegen die Vorlage aus. Dagegen sind auch fast alle Leistungserbringer, drei Konsumentenschutzorganisationen sowie weitere Organisationen.
Im Jahr 2012 wurden in der Schweiz rund 12'000 Personen wegen übermässigen Alkoholkonsums notfallmässig im Spital behandelt. Derzeit sieht kein europäisches Land eine Beteiligung an den Behandlungskosten wegen einer Alkoholvergiftung vor.