Komplementärmedizin: Es bleibt, wie es ist

Der Ständerat versenkte einen Vorstoss, der Homöopathie, TCM, Phytotherapie oder Akupunktur ein bisschen aus der Grundversicherung entfernen wollte.

, 12. Juni 2025 um 12:51
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Bild: Andrzej Gdula / Unsplash
An sich ist es nicht erstaunlich, dass der Ständerat bei der Komplementärmedizin keine Veränderung will: Denn bereits seine zuständige Kommission hatte zuvor empfohlen, die Motion des Walliser FDP-Nationalrats Philippe Nantermod abzulehnen.
Erstaunlich ist bloss, wie klar das Resultat war: Die kleine Kammer sagte diskussionslos und ohne Gegenstimme Nein zum Vorschlag, dass nur jene Prämienzahler für komplementärmedizinische Behandlungen versichert sind, die das auch ausdrücklich wünschen.
Erstaunlich ist das auch, weil sich zuvor im Nationalrat sogar eine Mehrheit gefunden hatte für die Idee des Walliser Politikers. Und erstaunlich ist es schliesslich, weil sich hier doch ein unerwartet solider Rückhalt für Homöopathie, Phytotherapie oder Akupunktur manifestiert.
Damit ist die Sache vom Tisch: Die Grundversicherung soll auch solche Therapien bezahlen, so der alte und neue Stand – sofern diese von einem Facharzt durchgeführt werden.

Vox populi

Im Hintergrund steht erstens, dass das Volk dies im Mai 2009 so beschlossen hatte. Und zweitens sind die Alternativ-Methoden auch nicht besonders drückend. Die komplementärmedizinischen Leistungen machen pro Jahr 18 Millionen Franken aus, was bei 35 Milliarden Gesamtkosten 0,05 Prozent entspricht: So argumentierte Kommissionssprecher Hannes Germann im Rat.
Der Dachverband Komplementärmedizin reagierte erfreut: Er erachtet Nantermods Motion als Angriff auf das Solidaritätsprinzip der Krankenkasse: «Versicherte hätten sich also individuell für oder gegen die Deckung entscheiden müssen, was dem Solidaritätsprinzip des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung KVG widerspricht», so der Kommentar. «Dass die Versicherungsnehmenden solidarisch für alle Leistungen der Grundversicherung einzahlen, auch wenn sie sie nicht selbst beziehen, gewährleistet die medizinische Gleichbehandlung: Nicht alle Menschen können sich eine Zusatzversicherung leisten, kranke und alte Menschen sind sogar vom Abschluss einer Zusatzversicherung ausgeschlossen.»
SP-Ständerätin Franziska Roth (die auch Co-Präsidentin des Dachverbands ist) erachtet die Motion sogar grundsätzlich als «Vehikel», um das Solidaritätsprinzip der Grundversicherung auszuhöhlen: «Der Vorstoss hätte Tür und Tor geöffnet, jede beliebige andere medizinische Leistung in der Grundversicherung einer Wahlfreiheit zu unterstellen», sagt Franziska Roth.
Philipp Nantermod wiederum hatte vorgebracht, dass die Wirksamkeit von anthroposophischer Medizin, traditioneller chinesischer Medizin oder Homöopathie wissenschaftlich nicht nachgewiesen werden könne: Es sei letztlich Glaubenssache. Und darum sei es nicht zu rechtfertigen, dass die ganze Bevölkerung diese Leistungen mitfinanzieren müssen.
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