Kanton Bern: Bundesgericht segnet Ärztestopp ab

Auch Bern darf die Zulassung von Ärzten für bestimmte Fachgebiete begrenzen. Das Bundesgericht wies sämtliche Einwände zurück. «Es hat damit sein Bewenden», so der Schlusssatz des Urteils.

, 14. Februar 2025 um 10:34
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Setzt sich durch: Pierre Alain Schnegg, Chef der Gesundheits- und Fürsorgedirektion Bern  |  Bild: PD SVP Schweiz
Mit dem Ärztestopp ist es so eine Sache: Das Bundesrecht dazu ist klar; die Kantone können und sollen in gewissen Fachgebieten Beschränkungen erlassen, wenn eine (teure) Überversorgung droht. Andererseits schafft die rechtliche Umsetzung durch die Kantone immer wieder neue Hebel, mit denen sich betroffene Mediziner oder Ärztegesellschaften quer durch die Instanzen dagegen wehren können. Im Kanton Baselland führte dies sogar dazu, dass eine Volksabstimmung durchgeführt werden musste (bei der die Bevölkerung relativ klar für den Ärztestopp votierte).
Nun musste das Bundesgericht sich erneut über das Thema beugen. Es ging um die Art, wie der Kanton Bern den Ärztestopp umsetzen will. Denn die Ärztegesellschaft, die Spitalverbände sowie Einzelpersonen zogen die kantonale Verordnung über die ambulante ärztliche Versorgung durch alle Instanzen. Sie brachten einerseits formale Aspekte ein (genügt eine Verordnung für solch einen Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit?). Und vor allem sahen sie die Gesundheitsversorgung im Kanton Bern bedroht, da die festgelegten Höchstzahlen «nicht mit Blick auf den tatsächlichen Bedarf der Bevölkerung festgelegt worden seien.»
  • Radiologen: Bundesgericht segnet Zulassungs-Beschränkung ab. Der Kanton Freiburg darf die Neuanstellung von Radiologen per Verordnung verbieten.
In zwei Urteilen segnete das oberste Gericht nun aber das Vorgehen der Berner Regierung ab. Einzelne Kantone hätten in der Tat ein neues Gesetz geschaffen – und sich nicht auf eine Verordnung beschränkt –, aber ob dies notwendig sei, entscheide die Kantonsverfassung. Der Vorwurf, dass sich die Regierung auf willkürliche Höchstzahlen stütze, sei auch nicht berechtigt.
Und die Verordnung gefährde gewiss nicht die Versorgung der Bevölkerung: Denn der Kanton beschränke «die OKP-Zulassung nur dort, wo der Bedarf gedeckt ist». Zugleich fördere er ja «jene ambulanten Fachgebiete der Grundversorgung, in denen tendenziell ein Mangel an Ärztinnen und Ärzten besteht. Dabei hat der Beschwerdegegner (= der Kanton) beispielsweise … zur Förderung der Hausarztmedizin im Jahr 2008 das Programm ‚Praxisassistenz‘ lanciert.»
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Höchstzahlen nach Region im Kanton Bern — Screenshot aus dem Bundesgerichts-Urteil.
Zusammenfassend – so heisst es in beiden Urteilen wörtlich – bestünden «gewichtige Gründe – welche sich teilweise auch aus dem Bundesrecht ergeben –, um die Zulassung zur OKP im Kanton Bern im ambulanten Bereich zu beschränken. Die Zugangsregelung wurde nach sachlichen Kriterien vorgenommen, indem die Versorgungssituation nach Fachgebiet und Region wie auch die interkantonale Koordination beim Erlass der Höchstzahlen berücksichtigt wurden. Es hat daher damit sein Bewenden.»
Oder anders: Der Entscheid aus Lausanne deckt so ziemlich alle Einwände ab, die gegen den Ärztestopp landauf, landab vorgebracht wurden. Die Sache könnte mit den beiden Bern-Urteilen definitiv vor dem Abschluss stehen.
  • BG-Urteile 9C_37/2024  und 9C_38/2024 vom 15. Januar 2025.

Hattip: «Berner Zeitung»

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