In Zürich eröffnet erstes Longevity-Zentrum der Schweiz

Auch an der Universität Zürich und an der ETH wird zu Langlebigkeit geforscht. Krankenkassen sehen sich vor neuen Herausforderungen.

, 11. Juli 2024 um 10:29
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Leonie Bode wird Ärztliche Leiterin von Zürichs erster Langlebigkeits-Klinik  |  Bild: Ayun.
Ende Juli eröffnet in Zürich die erste Filiale der Walk-In-Klinik «Ayun», die auf Langlebigkeit und damit auf Prävention spezialisiert ist. Die Kunden sollen «befähigt werden, datenbasiert ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden selbst in die Hand zu nehmen», heisst es in einer Medienmitteilung.
Hinter dem Projekt steht Maximon, ein von den Investoren Tobias Reichmuth und Marc Bernegger gegründeter Inkubator mit Fokus auf Longevity. Die Ärztliche Leitung hat Leonie Bode inne – sie war zuvor in der Klinik Hirslanden und am Kantonsspital Baden tätig.
Das Angebot: personalisierte Gesundheitsvorsorge, basierend auf Blut- und Genanalysen sowie weiteren Tests. Dazu eine breite Auswahl an Langlebigkeits-Behandlungen unter ärztlicher Aufsicht: etwa Sauerstoff- und Rotlicht-Therapien, Kältekammern oder Infusionen. Die Behandlungen werden ambulant erfolgen.
«In unsere Klinik kommen keine Kranken, sondern Menschen, die gesund bleiben oder sich jünger fühlen und fitter werden wollen», sagt Gründer Tobias Reichmuth gegenüber der «Handelszeitung». Der Fokus liege auf der personalisierten Prävention. Reichmuth selbst hat sich zum Ziel gesetzt, 120 Jahre alt zu werden.

«Mit Krankenkassen im Gespräch»

Während die Kosten einer Jahres-Mitgliedschaft bei Ayun derzeit noch selbst bezahlt werden müssen, könnten in Zukunft die Krankenkassen einen Teil übernehmen. Reichmuth sagt gegenüber der «NZZ», das Interesse der Versicherer sei gross. «Wir sind in Verhandlungen. Ziel ist, dass die Privatversicherten einen Teil der Kosten abziehen können.»
In einer akutellen Studie sehen die Wirtschaftsprüfer von Deloitte für die Krankenkassen zwei Arten von Produkten: Kurzfristig könnten Longevity-Leistungen über ambulante Zusatzversicherungen rückvergütet werden, ähnlich wie heute die Fitness-Abos. Langfristig seien «Pay as you live»-Zusatzversicherungen denkbar, bei denen Kunden eine günstigere Prämie erhielten, wenn sie mit Longevity-Massnahmen ihre eigene Gesundheit fördern.
Die Herausforderung sei, genau zu definieren, wo die Grenze zwischen Gesundheit und Krankheit liege. Studienautor Marcel Thom sagt im Gespräch mit der NZZ: «Wenn Krankenversicherer solche Angebote lancieren, wird eine Nachfrage entstehen. Dies treibt die Kosten in die Höhe.» Krankenversicherer sollten sich darauf konzentrieren, das zu vergüten, wofür es medizinische Evidenz gibt.
Der Longevity-Markt erlebt weltweit, besonders in den USA, einen rasanten Aufschwung. Google-Mitgründer Larry Page startete 2013 das Unternehmen Calico Life Sciences LLC, das sich der Verlängerung der Lebenszeit durch Zellreprogrammierung widmet. Seit 2022 forscht auch Altos Labs aus dem Silicon Valley an der Zellverjüngung mit einem Startkapital von drei Milliarden US-Dollar. Einer der prominenten Geldgeber ist Jeff Bezos.
Es wird erwartet, dass die Investitionen im Longevity-Bereich in den nächsten zwei Jahren von 40 Milliarden Dollar jährlich auf 600 Milliarden Dollar anwachsen – eine 15-fache Steigerung.
Auch hierzulande laufen die Forschungen zum Thema Langlebigkeit auf Hochtouren. An der Universität Zürich wurde das UZH Healthy Longevity Center (HLC) gegründet. an der ETH wird im Energy Metabolism Laboratory an biochemischen und molekularen Grundlagen der Langlebigkeitsregulierung gefroscht.
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