Das Universitätsspital Genf (HUG) reagiert auf die Ergebnisse einer
anonymen Umfrage der Association des Médecins d'Institutions de Genève (AMIG), die auf Überlastung, mangelnde Anerkennung und Belästigung hinwies.
Angesichts der Kritik relativiert das HUG die Aussagekraft der 106 gesammelten Antworten – die Institution zählt über 2'000 Vollzeitäquivalente an Ärzten – und erinnert an die bereits eingeleiteten Bemühungen im Bereich der Arbeitsbedingungen.
Projekt «Alter»
Zu den vom HUG genannten Initiativen gehört das «Alter»-Projekt. Hiermit soll die Organisation der Arbeitszeiten mit dem Arbeitsgesetz (ArG) in Einklang gebracht werden. Dieser Schritt mag verspätet erscheinen, ist aber laut der Institution Teil einer kontinuierlichen Entwicklung.
«Wie in anderen Spitälern und Kliniken wurde die Arbeitszeit historisch so geplant, dass sie den Anforderungen des laufenden Betriebs entsprach, wobei die Wünsche der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen berücksichtigt wurden.» — Stellungnahme des Universitätsspitals Genf
Die Herausforderung: Die Planung soll an die Realität des Spitals angepasst werden – wobei Schwankungen in der Auslastung, Abwesenheiten und die Besonderheiten der einzelnen Abteilungen beachtet werden müssen; und wobei zugleich die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten sind.
«Eine Institution in der Grössenordnung des HUG muss schrittweise angepasst werden. Die Anpassung muss an die verschiedenen medizinischen Disziplinen und die spezifischen Gegebenheiten der Berufsgruppen angepasst sein. Mehr als 160 Berufe bilden die institutionelle Population.»
Laut HUG stützt sich das «Alter»-Projekt auf «eine umfassende Diagnose innerhalb der Abteilungen» und eine «Konsultation mit den Sozialpartnern der AMIG». Die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften würde sich nicht auf «eine organisatorische Änderung und die Äusserung eines Willens» beschränken, sondern verlange im Gegenteil nach einer «Bewertung der für ihre nachhaltige Umsetzung unerlässlichen Bedürfnisse».
«ePoP»: Unterstützung bei der Arbeitszeitplanung
Ein weiteres Instrument, welches das HUG einsetzt, ist «ePoP», ein digitales System zur Planung und Optimierung von Arbeitszeiten. Dieses Programm wird seit April 2025 eingeführt, «hauptsächlich in der Pflege, aber auch in einigen Verwaltungsabteilungen und für Ärzte in einer Pilotabteilung». Die vollständige Integration in die medizinischen Abteilungen wird noch bis zum ersten Quartal 2026 dauern.
Dieser Ansatz soll laut HUG «qualitativ hochwertig und an die spezifischen Bedürfnisse der Ärzteschaft angepasst» sein. Ziel ist es, die administrative Belastung zu verringern, die Planungspraktiken zu vereinheitlichen und mehr Zeit für die Patientinnen und Patienten zu schaffen. Die Umsetzung ist komplex: Insgesamt werden fast 1'000 Planer geschult, um die Implementierung des Tools zu begleiten.
Arbeitsüberlastung: mehrere Ursachen
Zum in der Umfrage gelegentlich geäusserte Gefühl der Überlastung betont das HUG, dass die Arbeitsbelastung vom Sektor abhängt – und dass zwischen Notaufnahmen und Bettenstationen unterschieden werden muss. In ihrer Stellungnahme nennt die Institution Faktoren wie «
Rekrutierungsschwierigkeiten aufgrund des Mangels an qualifiziertem Personal» und «eine
hohe Absenzenrate». Deren Senkung auf 7,5 Prozent (ohne Mutterschaftsurlaub) gehört zhu den festgelegten
Zielen bis 2028.
«Der Arztberuf ist von Natur aus anspruchsvoll und findet in einem unvorhersehbaren und emotional geprägten Arbeitsumfeld statt, sobald die Gesundheit auf dem Spiel steht.»
Die HUG weisen auch darauf hin, dass es «ein Spital ist, in dem Forschung und Lehre für die Ärzteschaft von grösster Bedeutung sind», was das Gefühl der Arbeitsüberlastung verstärken könnte.
Die Institution stellt auch einen Generationswechsel fest: «Der Beruf hat sich weiterentwickelt und der Wunsch nach einem ausgeglichenen Privat- und Berufsleben ist heute stärker ausgeprägt.»
Überstunden: ein Problem mit vielen Facetten
Das HUG spricht auch das Thema nicht gemeldeter Überstunden an, die manchmal aus Angst vor Repressalien geleistet werden. Die Institution gibt an, auf die angemessene Nutzung ihrer Instrumente zur Arbeitszeiterfassung zu achten, und fordert die Mitarbeitenden auf, die bestehenden Warnsysteme zu nutzen: «Wenn sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bedroht fühlen, sollten sie nicht zögern, die verschiedenen Beschwerdehebel zu betätigen, die es innerhalb der Institution gibt», heisst es in der Stellungnahme.
Das HUG stellt zudem fest, dass es «grosse Unterschiede bei den Überstunden zwischen den Abteilungen» gibt und dass die Stundenüberschreitungen mehrheitlich die Bereiche der Akutpflege betreffen.
Ausserdem erinnert die Institution daran, dass unterschieden werden muss zwischen «Überstunden» einerseits, also Stunden, die zwischen der vertraglich festgelegten Arbeitszeit (40 Stunden bei 100 Prozent) und dem gesetzlichen Maximum von 50 Wochenstunden liegen und überwiegend durch Zeitausgleich abgegolten werden; sowie der «Überzeit» andererseits, das heisst Stunden, die über das gesetzliche Maximum von 50 Wochenstunden hinausgehen, was insbesondere Assistenzärzte und Oberärzte ohne Facharzttitel betrifft.
Kampf gegen Belästigung
Das HUG erklärt schliesslich, dass es «sehr aktiv im Kampf gegen moralische und sexuelle Belästigung» sei. Es gebe zahlreiche Ressourcen, die dem Personal zur Verfügung stehen, um Fälle von Belästigung zu melden: Vorgesetzte, Personalabteilung, Arbeitssicherheit (SST), eine Gruppe für den Schutz der Persönlichkeit (GPP) und die Plattform «
lanceurs d'alerte».
Ausserdem gibt es seit 2021 am HUG ein
Programm für Vielfalt, Gleichheit und Integration, das sich um die Koordinierung und Sicherstellung der Effizienz all dieser Instrumente kümmert. Schliesslich bietet das HUG auch Workshops und Schulungen zur Bekämpfung von Belästigungen an und hat 2025 eine interne Kommunikationskampagne gestartet.