Eigentlich sollten nur wirksame, zweckmässige und wirtschaftliche Massnahmen von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) bezahlt werden. Doch wer überprüft, ob eine Behandlung die WZW-Kriterien erfüllt? Und: wie kann man das überhaupt messen?
Die Antwort in drei Worten: Health Technology Assessment (HTA). HTA untersucht mit wissenschaftlich anerkannten Methoden, ob die WZW-Kriterien bei der entsprechenden medizinischen Leistung erfüllt sind. HTA gilt als wichtiges Instrument der evidenzbasierten Politikberatung und Entscheidungsfindung.
Re-Evaluation von Leistungen
Schon im Mai 2016 hat der Bundesrat für die Stärkung von HTA finanzielle Mittel gesprochen und ein HTA-Programm lanciert. Dabei geht es um die Re-Evaluation von Leistungen, die möglicherweise die WZW-Kriterien nicht zu erfüllen vermögen. Sollte eine medizinische Leistung bei dieser Überprüfung durchfallen, soll sie aus dem Leistungskatalog entfernt oder zumindest eingeschränkt werden. Zudem werden mit dem HTA-Programm auch Leistungen evaluiert, die noch nicht zum Leistungskatalog gehören.
Die HTA-Berichte, die der evidenzbasierten Entscheidungsfindung dienen, werden vom BAG auf der Webseite
«HTA-Projekte» publiziert.
Die Motion Nantermod
Der Walliser FDP-Nationalrat Philippe Nantermod verlangte Mitte März 2021 mit einer
Motion einen Erlassentwurf, um die HTA-Verfahren zu vereinfachen und wirksamer und transparenter zu gestalten. Der Nationalrat winkte die Motion in der zurückliegenden Frühjahrssession ohne Wortmeldung durch. Doch der Ständerat hat sich in der laufenden Session dagegen entschieden, womit sie nun vom Tisch ist.
Erich Ettlin ist Präsident der ständerätlichen Gesundheitsdirektion. In dieser Funktion erklärt er in der Ständeratsdebatte die ablehnende Haltung der Kommissionsmehrheit. Erstens seien seit Einreichung der Motion im Bereich HTA verschiedene Verbesserungen eingeleitet worden. Zweitens wird im indirekten Gegenvorschlag zur Kostenbremse-Initiative Artikel 32 KVG angepasst und bezüglich der HTA auch verbessert. «Damit sieht der Artikel 32 aus Sicht der Kommission schon vieles vor, was der Motionär verlangt hat. Wir erachten das Anliegen der Motion damit als erfüllt.»
Dittli in der Minderheit
Josef Dittli ist FDP-Ständerat aus dem Kanton Uri und war bis Anfang Juni 2023 Präsident des Krankenkassenverbands Curafutura. Er plädierte für ein Ja zur Motion seines Parteikollegen Nantermod. Die Anpassungen seien noch nicht in Kraft, sagte er, und es sei ebenfalls klar, dass diese nicht genügen werden, um die Ziele zu erreichen. Mit der Motion bestünde die Möglichkeit, rasch zu handeln und weitere Massnahmen zu beschliessen.
Mit Dittli machten sich noch andere Vertreter der FDP und der Mitte-Partei stark. Sie unterlagen mit 21 zu 14 Stimmen bei einer Enthaltung.
Auch beim Expertenbericht Diener ein Thema
Die Einführung des Health Technology Assessment (HTA) ist auch eine der 38 Massnahmen, welche die Expertengruppe unter der Leitung der früheren GPL-Ständerätin Verena Diener im Herbst 2017 der Öffentlichkeit präsentierte.
Der Berner Gesundheitsökonom Heinz Locher ist einer der 14 Experten. Mitte August erklärte er
hier gegenüber Medinside, was aus den vorgeschlagenen Massnahmen geworden ist. Zur Massnahme «Stärkung des HTA» sagte er: «Der fehlende systematische Einsatz dieses aussagekräftigen Instruments ist ein schwerwiegendes Versagen der zuständigen Bundesbehörden.»