Eigentlich liegt der Verdacht ja völlig nahe: Dass es in ländlichen Regionen kaum noch möglich ist, Hausarzt-Stellen zu besetzen – dies könnte auch daran liegen, dass die Mediziner zum grössten Teil aus der Stadt kommen. Es sind urbane Menschen, die sich mit Vorliebe an internationalen Zentren wie London, Cleveland oder Baltimore orientieren; die aber wenig Bezug haben zu Ortschaften wie Sulgen oder Amden.
Dieser Vermutung ging unlängst ein Team der Universität Rennes in Frankreich nach. In einer Fall-Kontroll-Studie befragten die Wissenschaftler die Hausärzte der Bretagne. Dabei ging ihr Fragebogen einerseits an Allgemeinmediziner in ländlichen Gegenden, andererseits an Ärzte, die im urbanen Raum eine Praxis haben.
Das Ergebnis war deutlich: Wer vom Land kommt, ist eher bereit, auch dort zu praktizieren.
- Erstens waren die Ärzte, die in ländlichen Regionen arbeiteten, signifikant häufiger selber in solchen Gegenden aufgewachsen.
- Zudem hatten sie signifikant häufiger eine Praxisassistenz-Stelle auf dem Land gehabt; oder sie hatten dort mindestens drei Monate lang eine Stellvertretung übernommen.
- Zudem fiel die Wahl öfter auf einen ländlichen Arbeitsort, wenn man am Ende der Fachausbildung bereits in solch einer Gegend lebte.
- Und schliesslich wurde man eher Landarzt, wenn auch der Partner oder die Partnerin nicht in Städten aufgewachsen war oder wohnte, sondern eher auf dem Dorf.
All dies mag leicht nachvollziehbar sein. Bedeutsam scheint allerdings, dass diese Aspekte in den Debatten zum Thema Hausarzt-Mangel kaum je thematisiert werden.
Eine Konsequenz aus dieser Einsicht wäre doch, dass man vielleicht besser bei sozialen Fragen ansetzt, wenn man den Ärztemangel in gewissen Regionen bekämpfen will; und nicht alleine bei finanziellen Konzepten oder bei den Strukturen.
Die Strategie, so die Autoren aus Rennes, «könnte darin bestehen, ländliche Gebiete zu einem attraktiveren Ort zum Leben und Arbeiten zu machen und dabei die Vermittlung von Stellvertretungen auf dem Land oder obligatorische Ausbildungsgänge dort zu fördern – sowie, wenn möglich, mehr Medizinstudenten mit ländlichem Hintergrund zu gewinnen.»