Ärztemangel: Praxisgruppe Südland gibt auf

Ob auf dem Land, ob in der Grossstadt: Das Beispiel zeigt, wie sehr die Personalnot den Hausarzt-Praxen die Luft nimmt.

, 24. Juli 2024 um 22:10
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Gestartet im August 2020, geschlossen im Oktober 2024: Praxis Südland in der Stadt Bern  |  Bild: PD
Die Stiftung und Genossenschaft Südland in Bern war 2018 gegründet worden, um Landpraxen zu erhalten und die Ausbildung von Fachpersonal im Gesundheitswesen zu unterstützen. Sie führte Hausarzt-Praxen in Bern, in Seedorf, in Rüschegg sowie die Altersresidenz Magnolia in Burgdorf.
Nachdem der Standorte in Rüschegg bereits Ende letzten Jahres aufgegeben worden waren, wurde die Praxis in Seedorf im Juni geschlossen – und nun stehen auch Südland in Bern und das Alterszentrum in Burgdorf vor dem Aus. Ein Hauptgrund: Es fehlt am ärztlichen Personal.
Man kämpfe mit einem enormen Mangel an qualifizierten Hausärztinnen und Hausärzten, schreibt die Leitung der genossenschaftlich betriebenen Organisation in einem Patientenbrief, der «Baern Today» vorlag. Nach einigen Abgängen sei es trotz intensiver Suche nicht gelungen, genügend Fachleute zu finden:«Wir versuchten alles, um geeignetes Personal zu rekrutieren, aber wir haben einfach niemanden gefunden.»

Fixkosten – und sehr fixe Tarife

Auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht sei es nicht mehr möglich, die Praxis in Bern weiter zu betreiben: Auf der einen Seite fehles es wegen des Ärztemangels am Umsatz, um die fixen Kosten zu decken. Auf der anderen Seite kämpfe man mit den seit 20 Jahren unveränderten Tarifen.
Als die Praxis in Rüschegg im Dezember 2023 schliessen musste, klang die Erklärung ähnlich: keine Nachfolge.
Daniel Flach, der Geschäftsführer der Genossenschaft Südland, konstatierte damals, dass kaum möglich sei, eine Hausarztpraxis in Rüschegg rentabel zu betreiben. Denn dort werde mit den gleichen Taxpunktwerten wie in der Stadt Bern abgerechnet.
Seiner Meinung nach müssten sie aber höher sein, damit zum Beispiel die langen Anfahrtswege zu Patienten entschädigt würden. «Um einen Arzt zu finden, der so abgelegen arbeitet, müssten mehr Anreize geschaffen werden», befand Daniel Flach damals.
Doch nun dasselbe Problem im Stadtzentrum von Bern: «Wir haben extrem Mühe, Hausärztinnen und Hausärzte zu finden», so Geschäftsführer Flach auf «TeleBärn».
Und auf die Frage, was die Politik jetzt tun könne, meinte er: «Vielleicht endlich wach werden.»

Schliessung der Arztpraxen Südland ➡️ Zum Beitrag von «TeleBärn»:



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