In den USA hört das Spitalpersonal bei Schwerverletzten, die nicht versichert sind, deutlich früher auf mit lebensverlängernden Massnahmen als bei solchen, die eine Krankenversicherung haben.
Je nach Zahlungsfähigkeit
Dies zeigen die Zahlen einer Studie, die in
«Jama Network Open» erschienen ist. Im Detail lauten Resultate: Bei Patienten in kritischem Zustand ohne Krankenversicherung wurden die lebensverlängernden Massnahmen nach durchschnittlich 6,5 Tagen beendet.
Bei privat Versicherten stellten die Ärzte im Durchschnitt nach 7,8 Tagen die Maschinen ab, bei Patienten in der staatlichen Medicaid-Versicherung sogar erst nach 8,9 Tagen.
Eigentlich gesetzlich geregelt
Die Studienautoren kamen zum Schluss: Auch wenn andere Faktoren dazu kommen, beeinflusst auch die Zahlungsfähigkeit eines Patienten den Entscheid, wie lange lebensverlängernde Massnahmen aufrechterhalten werden.
Dies, obwohl es seit 1986 in den USA ein Gesetz gibt, wonach Patienten in kritischem Zustand immer die optimale Therapie erhalten, unabhängig von ihren finanziellen Mitteln oder ihrem Versicherungsstatus.
Doch bei Nicht-Versicherten müssen die Angehörigen, welche über die Behandlung entscheiden, mit enormen Kosten rechnen. Deshalb sei es sehr wahrscheinlich, dass das – Gesetz hin oder her – den Entscheid über einen Behandlungsstopp beeinflusse.
Private Spitäler behandeln länger
Auch das Spital, in dem die Schwerverletzten lagen, spielt in den USA eine Rolle: In Ausbildungsspitälern und in Privat-Kliniken wurde die Behandlung länger fortgesetzt als in anderen Spitälern.
Die Online-Zeitung
«Infosperber» kritisierte diese Ungleichbehandlung als «Benachteiligung der Nichtversicherten». In einem Kommentar zeigte sich der Arzt Lukas Fierz skeptisch: Der Neurologe, Politiker und Schriftsteller bedauerte vielmehr die gut versicherten Patienten.
«Wie oft habe ich mich darüber aufgeregt»
Diese würden manchmal länger und intensiver behandelt. Das sei sein Eindruck aus jahrzehntelanger Arbeit in allgemeinen und privaten Abteilungen von Spitälern. «Gerade bei zahlungskräftigen Patienten kommt es vor, dass man sie nicht sterben lässt», schreibt er. Man mache ihnen unbegründete Hoffnung.
Mit Chemotherapie verlängere man das Leben um «ein paar elende Wochen oder Monate mit Schwäche, Schmerzen, Übelkeit und Erbrechen.» Und weiter: «Erst am Schluss sehen sie ein, dass es für nichts war. Wie oft habe ich mich darüber aufgeregt.»