Das sagt Swissmedic zu Becetamol

Becetamol hilft bei Schmerzen und Fieber. Für Säuglinge und Kleinkinder können sie wegen der Hilfsstoffe gefährlich sein.

, 12. Mai 2023 um 07:34
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Die Becetamol-Tropfen werden für Säuglinge und Kleinkinder erst jetzt vom Markt genommen, weil früher toxische Hilfsstoffe nicht deklariert werden mussten. | zvg
Seit 1991 ist das für Säuglinge und Kleinkinder gängige Schmerzmittel Becetamol auf dem Markt. Und vor Wochenfrist erklärte Swissmedic in einer kurzen Mitteilung, dass aufgrund der mit hoher Propylenglykolkonzentration einhergehenden Gesundheitsrisiken das Präparat Becetamol Tropfen nicht länger bei Kindern unter fünf Jahren angewendet werden darf. Medinside berichtete hier darüber.

«Keine Sicherheitssignale entdeckt»

Frage an die Zulassungsbehörde: Wie ist zu erklären, dass Swissmedic einem Produkt die Zulassung erteilt und erst 20 Jahre später merkt, dass es für Kinder unter fünf Jahren gefährlich sein könnte?
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«Trotz der Anwendung von Becetamol seit 1991 hat Swissmedic weder im nationalen noch in der globalen Vigilance-Datenbank der WHO entsprechende Sicherheitssignale detektiert. Auch Abklärungen bei ToxInfo Suisse ergaben keine Sicherheitssignale», erklärte Swissmedic in ihrer schriftlichen Stellungnahme.
Dennoch empfehle Swissmedic aufgrund der Überschreitung des Schwellenwertes für Propylenglykol als Vorsichtsmassnahme, Becetamol Tropfen bei Neugeborenen und Kindern unter fünf Jahren nicht mehr anzuwenden.
Zudem erklärt Swissmedic, dass sich der Kenntnisstand zu Arzneimitteln aufgrund neuer Erkenntnisse zum Wirkstoff, zur Erkrankung, zu Hilfsstoffen nach der Zulassung von Arzneimitteln ändern und entwickeln könne.
Dies ist sicher richtig: Doch in Fachkreisen ist schon längst klar, dass Propylenglykol bei Neugeborenen nicht eingesetzt werden soll.

Das Problem der Hilfstoffe

2019 wurde das Heilmittelgesetz revidiert. Dabei wurden neue Deklarationspflichten eingeführt, basierend auf dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik. Das gilt namentlich für bestimmte Hilfsstoffe.
Wie Swissmedic weiter schreibt, stehen Inhaberinnen der Zulassung - im vorliegenden Fall die Gebro Pharma - auch nach einer Zulassung in der Verantwortung, die Arzneimittelinformationen fortlaufend auf den neusten Stand zu bringen. Die neuen Vorgaben müssen spätestens aber erst Ende 2023 umgesetzt werden.
Wohl hat Gebro Pharma Deklarationspflichten zu erfüllen, aber nicht nur. Auch Swissmedic steht in der Verantwortung. Sie erteilt die Zulassungsbewilligung und muss die Firmen überwachen, ob sie ihre Pflichten korrekt wahrnehmen.
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