Medikament für Säuglinge wird vom Markt genommen

Mit Becetamol hat Swissmedic ein Produkt mit toxischen Hilfsmitteln zugelassen. Nun nimmt sie die Tropfen für Säuglinge und Kleinkinder aus dem Handel.

, 5. Mai 2023 um 14:31
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Swissmedic informierte am Freitag, dass aufgrund der mit hoher Propylenglykolkonzentration einhergehenden Gesundheitsrisiken das Präparat Becetamol Tropfen nicht länger bei Kindern unter fünf Jahren angewendet werden darf.
Die Konzentration von Propylenglykol bei Becetamol-Tropfen in der empfohlenen Dosierung übersteige bei Neugeborenen und Kindern unter fünf Jahren die definierten Schwellenwerte. Der Wirkstoff von Becetamol, Paracetamol, wirkt schmerzlindernd und fiebersenkend.

Warum erst jetzt?

Was wie eine trockene amtliche Mitteilung daherkommt, wirft doch ein paar nicht ganz unerhebliche Fragen auf. Die erste lautet: Warum erst jetzt? Seit 1991 ist das Produkt in der Schweiz zugelassen, wird ausdrücklich auch für Neugeborene empfohlen und jetzt soll es plötzlich toxisch sein?
Diese Frage umtreibt auch Priska Vonbach, CEO der Pedeus AG. Die Tochterfirma des Universitäts-Kinderspitals Zürich unterstützt Gesundheitsfachpersonen in der Entscheidungsfindung bei Medikamentendosierungen für Kinder und sorgt damit für einen sicheren Arzneimitteleinsatz.

Toxischer Hilfsstoff

Die Fachapothekerin für Spezialpharmazie wurde schon hellhörig, als es im Februar seitens der Vertreibergesellschaft Gebro Pharma geheissen hatte, das Medikament werde ausser Handel gesetzt, die Restbestände könnten aber weiterverkauft werden.
«Das Produkt enthält einen toxischen Hilfsstoff», erklärt Priska Vonbach. Den exakten Gehalt an Propylenglykol in Becetamol wollte Gebro nicht nennen. Aber es wäre ein Mehrfaches von 50 Milligramm pro Kilo Körpergewicht pro Tag. Der Schwellenwert für Säuglinge unter 28 Tagen liegt aber bei 1 Milligramm.

Ist das Fehlverhalten ein Einzelfall?

«Über Jahre hinweg wurde bei Neugeborenen ein Produkt eingesetzt, ohne zu wissen, dass es toxisch ist», erklärt Priska Vonbach. Nach ihrer Auffassung sollte man es nicht damit bewenden lassen, es vom Handel zu nehmen. Swissmedic müssten zusammen mit den Fachgesellschaften untersuchen, welche Auswirkungen die zu hohe Propylenglykolkonzentration auf die Kinder konkret hatte. Die Politik müsste klären, ob das Fehlverhalten ein Einzelfall ist, oder ob es noch mehr toxische Hilfsstoffe gibt, die Swissmedic zugelassen hat.
Der Einwand, es seien keine negativen Nebenwirkungen bekannt, kann man laut Priska Vonbach nicht geltend machen. Falls sich der Zustand eines Neugeborenen verschlechtert hätte, wäre wohl niemand auf die Idee gekommen, dass die Einnahme von Becetamol eine Ursache sein könnte.
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