Die Meldung sorgte international für Schlagzeilen: Ein 62-jähriger Deutscher habe sich 217 Mal gegen Covid impfen lassen – und das mit allen erdenklichen Impfstoffen. In der Folge hatte ein Team der Universität Nürnberg-Erlangen den Fall untersucht. Und es kam zum Schluss, dass im Immunsystem des Probanden keine konkreten Niederschläge der Impferei zu finden waren.
Insgesamt könnten die Medienberichte suggerieren: Egal wie oft man sich gegen Covid impfen lässt – negative Auswirkungen sind keine zu befürchten.
Genau das stiess Pietro Vernazza sauer auf. Der Spezialist für Infektionskrankheiten kritisiert nun erstens die Medien: «Was der Leser mitnimmt, ist die Aussage, dass diese Impfung, selbst massiv überdosiert, keinerlei negative Auswirkungen auf das Immunsystem hat».
Zweitens setzte sich Vernazza mit dem medizinischen Fall auseinander. Für ihn ist die Geschichte unplausibel. «Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass man sich über viele Tage jeden Tag zweimal eine Impfung in den linken und rechten Arm setzen lässt», sagt der emeritierte Professor und ehemalige Chefarzt des Kantonsspitals St. Gallen.
Er habe viele Menschen erlebt, die auf eine rasche Impfung gedrängt hätten; auch solche, die die zweite Dosis lieber schon drei als erst vier Wochen später wollten. «Aber über Wochen zweimal täglich eine Impfung, das ist schlicht ausserhalb meines Vorstellungsvermögens».
Vernazzas Beitrag wurde bis jetzt über 6000 mal auf LinkedIn angeklickt.
Genau dies zeigte sich aber in den Impfdaten, die im «Lancet»-Artikel ebenfalls publiziert wurden. Zum Beispiel erhielt der Mann zwischen dem 10. und dem 16. Januar 2022 jeden Tag zweimal eine Spritze, teils mit Moderna, teils mit Pfizer-Biotech. Schön abwechslungsweise in den linken und den rechten Arm.
Für Vernazza drängt sich deshalb ein anderer Verdacht auf – dass sich der Mann einem Strafverfahren entziehen wollte, in das er wegen Zertifikatsfälschung involviert war.
«Er hatte einen guten Grund zu behaupten, dass er eben kein Krimineller sei, der Zertifikate ergaunert hätte, sondern dass er all die Zertifikate für sich erhalten habe, weil er sich selbst aus Angst vor Covid über 200 mal habe impfen lassen», so Vernazzas Vermutung. Und ja, er hätte halt die Impfung unter einem anderen Namen erhalten müssen.
Fakt ist: Als der Massen-Impfling, wie er in einem
«Spiegel»-Beitrag genannt wurde, im sächsischen Eilenburg gestoppt wurde, hatte er Blanko- und auf andere Namen ausgefüllte Impfausweise bei sich. Die Vermutung: Er verkaufte die Impfausweise über das Internet an Impfgegner weiter.
Die Staatsanwaltschaft war auch schon da
In der Tat deutete das Team der Friedrich-Alexander-Universität und des Uniklinikums in Erlangen sogar selbst an, dass hinter dem Fall eine strafrechtliche Dimension lauert. Denn es erwähnt, dass sich die Staatsanwaltschaft in Magdeburg seinerzeit über den Fall gebeugt hatte: Die Behörden hatten ein Verfahren eröffnet – aber dann auf eine Anklage verzichtet.
Nun aber dienten die Recherchen der Staatsanwaltschaft, die insgesamt 130 erfasste Impfungen dingfest machen konnte, den Forschern als Nachweis dafür, dass sich die Testperson tatsächlich über 100mal impfen liess. Die Sache war damit quasi behördlich beglaubigt.
Dass dabei aber Möglichkeiten wie Zertifikatefälschung und -handel nicht weiter thematisiert wurden, ist für Vernazza unbegreiflich.
Genauso wie die Tatsache, dass eine kritische Auseinandersetzung mit der Covid-Impfung und mit Impfschäden bis heute nicht stattfinde. «Bei akuten Todesfällen von jungen Menschen, bei Meldungen zur Zunahme der Excess-Todesfälle oder bei abnehmenden Geburtenzahlen wissen immer alle sofort, ohne vertiefte Analyse, dass es alles sein kann – aber sicher nicht die Covid-Impfung.»
Eine Meldung über 217 angeblich schadlos überstandene Impfungen werde hingegen hochgejubelt.
Impfschäden
Während Impfschäden gesellschaftlich und medial kaum mehr existieren, betreut Vernazza noch immer zahlreiche Betroffene und ihre Familien. Denn diese befänden sich in einem Dilemma: Auch wenn es Ansätze für eine Therapie mit Studienmedikamenten gäbe, würden diese nur für 'Long-Covid-Patienten' zugelassen, nicht aber für Patienten mit ähnlichen Symptomen nach einer Impfung.
«Und von einer finanziellen Entschädigung für die erlittenen Schäden sehen wir gar keine Spur. Nichts», so Vernazza. Seiner Meinung nach müssten Firmen, die mit der Impfung Milliarden verdient haben, einen Fonds eröffnen, aus dem man solche Studien oder Kompensationen finanzieren könnte.