«Innerhalb einer Stunde können offene Dienste besetzt werden»

Der digitale Personalverleiher Coople 'verkuppelt' Gesundheitsinstitutionen mit dem gewünschten Personal. Spitäler sind noch zurückhaltend.

, 12. März 2024 um 07:29
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Am Kantonsspital Aarau wird für offene Dienste auch der digitale Personalvermittler Coople genutzt. Bild: KSA
Heute ein Einsatz im Spital, morgen ein kurzfristiger Dienst im Pflegeheim und übermorgen 'mal sehen'. Arbeiten wo, wann und wie man gerade Lust hat. Was sich im Gastro- und Eventbereich seit längerem durchgesetzt hat, erreicht langsam auch das Gesundheitswesen: kurzfristigste Temporäreinsätze über einen digitalen Marktplatz.
Für Spitälern, Alters- und Pflegeheimen oder bei der Spitex ist es eine Möglichkeit, schnell an Personal zu kommen; für das Gesundheitspersonal bietet es Flexibilität. Trotz Personalnot sind viele Spitäler skeptisch.
Der digitale Personalverleiher Coople kann mittlerweile auf einen Pool von rund 30'000 registrierten Personen aus dem Gesundheitswesen zurückgreifen: vom pensionierten Chefarzt über die Hebamme bis hin zur FaGe in Ausbildung. Am meisten genutzt werde das Angebot jedoch von Pflegenden, erklärt Philipp Balscheit, der bei Coople für die Gesundheitsbranche zuständig ist: «Sie sehen in der App, welche Institution an welchem Tag nach medizinischen Fachkräften sucht, wie hoch der Verdienst ist und von wann bis wann der Dienst dauert».
Wenn jemandem ein Job zusagt, kann man das Interesse auf der App anmelden. Sämtliche Unterlagen der Bewerbenden sind hinterlegt und Coople verspricht, die Sache geprüft zu haben.

Sternchen-Prinzip

«Hat eine medizinische Fachperson abends um 18 Uhr Zeit für einen Dienst am nächsten Tag, schaut sie in der App nach möglichen Einsätzen, sucht sich das passende Angebot aus und steht – im Idealfall – bereits wenige Stunden später im Einsatz», sagt Balscheit. .
Der Unterschied zum klassischen Verfahren: Die Arbeitgeber sehen via App gleich, wie die Kandidaten bei früheren Arbeitseinsätzen bewertet wurden – das Sternchenprinzip.
Nach einem Dienst bewerten sich Einsatzbetrieb und Arbeitnehmende gegenseitig. Ist jemand nicht zum vereinbarten Einsatz erschienen oder hat kurzfristig abgesagt, gibt es einen «Strike» – bei drei «Strikes» wird der «Coopler» gesperrt.
Etabliert hat sich Coople in der Gastro,- Event,- und Logistikbranche, dort ist es ist vor allem bei Ungelernten beliebt – kaum ein Student, der nicht coopelt. Anders im Gesundheitswesen. Dort gab es einen gewissen Schub durch die Covid-Pandemie: Damals wurden rasch Leute für die Impf- und Testzentren gebraucht und der digitale Temporärverleiher sprang ein. Nach Ende der Pandemie suchten diese Leute eine Anschlusslösung – womit der Markt etwas ausgeweitet werden konnte.
Rund 200 Gesundheitsinstitutionen arbeiten inzwischen mit dem Temporärverleiher zusammen, wobei Pflege- und Altersheime deutlich in der Überzahl sind. Balscheit: «Die Spitäler suchen oft nach Diplomierten, wir haben jedoch mehr FaGe – das ist einer der Gründe». Ein Weiterer sei, dass einige Spitäler hauptsächlich auf Festanstellungen aus seien.

Skepsis bei Spitälern

Hinzu kommt: Spitäler stehen dem Angebot skeptisch gegenüber – sie fürchten eine zunehmende Unruhe durch ständig wechselndes Personal ebenso wie den Einarbeitungsaufwand. Laut Balsscheit muss es deshalb das Ziel sein, Leute zu gewinnen, die immer wieder kommen. Und er gibt zu, dass die Rückmeldungen der Spitäler unterschiedlich ausfallen. Manche fänden temporäres Personal sensationell und nehmen jede Hilfe dankend an – andere sähen darin lediglich einen Mehraufwand.
  • Pflegefachfrau als «Jungunternehmerin des Jahres» gewürdigt: Alessia Schrepfer wurde für die Gründung von WeNurse vom Swiss Economic Forum ausgezeichnet.
  • Temporärarbeit in der Pflege verdient Neubeurteilung: Personaldienstleister helfen, dringend benötigtes Personal für Gesundheitseinrichtungen zu finden. – Advertorial von swissstaffing.
Zur ersten Gruppe gehört das Kantonsspital Aarau. «Coople ist eine mögliche Rekrutierungsquelle», sagt Fabio Blasi, HR-Verantwortlicher vom KSA. Das Spital arbeitet seit über einem Jahr mit dem digitalen Temporärverleiher zusammen und meldet positive Erfahrungen: Die Flexibilität spreche auch Pflegende an, die eigentlich dem Beruf den Rücken gekehrt haben, in einer Familienpause oder bereits pensioniert sind. Brachliegendes Potential also.
Flexibilität und Abwechslung sind laut Balscheit denn auch die Hauptgründe fürs «Coopeln»: Für manche ist es ein Nebenjob – als Ergänzung zur Festanstellung. «Sie sehen gerne unterschiedliche Orte und wollen Erfahrungen sammeln oder weitergeben. Andere sind pensioniert und möchten hin und wieder im Gesundheitswesen aushelfen».
Was allen gemein ist: Sie möchten sich nicht fix an ein Spital oder eine Gesundheitsinstitution binden – und langfristigen Verpflichtungen meiden.
Im Gegensatz zu klassischen Personaldienstleistern bestimmt bei Coople der Einsatzbetrieb die Bedingungen, d.h. wer, wann, wo, wie lange und zu welchem Lohn arbeitet. Die Bedingungen werden nicht von den Temoporärkräften diktiert, sondern vom Betrieb festgelegt. Die Mitarbeitenden müssen nicht tage- oder wochenweise gebucht werden, sondern können so eingeplant werden, dass sie in die übrige Organisation passen: So sind zum Beispiel auch halbe Dienste möglich.
  • Betriebe, die mit Coople arbeiten, bezahlen im Personalverleih einen Zuschlag auf den Bruttolohn. Beispiel: Eine FaGe mit einem Stundenlohn von 40 Franken wird dem Einsatzbetrieb für ca. 57 Franken von Coople verrechnet. Darin enthalten ist der Lohn inkl. Sozialleistungen und Arbeitgeberanteile, sowie Kosten und Marge.
  • Das Arbeitsverhältnis untersteht jeweils den Regeln des GAV-Personalverleih, Coople übernimmt die Rolle des Arbeitgebers, dem Einsatzbetrieb obliegt die Einweisung und Kontrolle während des Dienstes vor Ort.

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