Was Verena Nold wirklich sagte

Die Santésuisse-Präsidentin teilt gegen die Politiker aus und unterstützt die Kostenbremse-Initiative.

, 30. April 2024 um 09:57
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Verena Nold: «Es gibt viel Luft im System». | zvg
«Santésuisse-Direktorin fordert Pflegeversicherung». Die Schlagzeile auf der Frontseite im «Blick» ist zweifellos knackig. Doch so hat es Verena Nold nicht gesagt. Sie sagte lediglich, wir bräuchten Lösungen.
Wie diese aussehen könnten, müsse die Politik entscheiden. «In Deutschland zum Beispiel wird die Pflege über eine Pflegeversicherung finanziert.»
Eine Idee oder ein Beispiel ist noch lange keine Forderung. Was die Santésuisse-Direktorin jedoch sagte: «Seit Jahren klagt die Politik, dass sich eine normale Familie die Prämien nicht mehr leisten kann. Und gleichzeitig verhindert das Parlament seit Jahren wirksame Sparmassnahmen: Die Kostendämpfungspakete, die Bundesrat Alain Berset vorgeschlagen hatte, wurden vom Parlament so verwässert, dass nun sogar die Gefahr von Mehrkosten droht.»

Ja zur Kostenbremse

Das ist mit ein Grund, weshalb der Krankenkassen-Dachverband die Kostenbremse-Initiative unterstützt, die am 9. Juni zur Abstimmung kommt.
«Es gibt viel Luft im System», sagt Verena Nold weiter. Wir hätten immer noch viel zu viele Spitäler. «Jedes Täli sein Spitäli», sagt sie. Wobei hier die Zwischenfrage erlaubt sei, ob es wirklich in den Tälern zu viele Spitäler gibt oder doch eher im Mittelland. So oder so: Zu viele Spitäler sei schlecht für die Qualität der Behandlungen. Das geplante Herzzentrum in St. Gallen nennt sie ein Unding.

Zu teure Laboranalysen

Weiter kritisiert Verena Nold die Laboranalysen, die im Ausland nur halb so teuer seien wie in der Schweiz. «Zusammen mit Preisreduktionen bei den überteuerten Medikamenten in der Schweiz lässt sich ohne Gesetzesänderung eine Milliarde Franken pro Jahr sparen.» Das seien knapp 3 Prämienprozente.

Zu teure Generika

Zudem moniert die Santésuisse-Direktorin den Umstand, dass wir in der Schweiz doppelt so viel für Generika zahlen wie im europäischen Ausland. «Hier kann man nicht mit den Schweizer Löhnen argumentieren.»
Die Medikamente kämen aus der gleichen Fabrik in Indien oder Pakistan – «egal, ob sie nun bei uns oder in Deutschland verkauft werden.» Das sei reine Kaufkraftabschöpfung.

Referenzpreissystem adé

Das Referenzpreissystem für Generika, das der Bund einführen wollte, sei aber am massiven Lobbying der Pharmaindustrie und der Ärzte gescheitert.
«Das Problem ist aber auch, dass sich die Grundversicherung immer mehr zu einer Vollkaskoversicherung entwickelt,» erklärt Verena Nold im Blick-Interview weiter.

Leistungskatalog

Die Ausweitung des Leistungskatalogs müsse endlich stoppen. «Aber ja, wir dürften tatsächlich wieder einmal die Diskussion führen, ob wirklich alle Leistungen in die Grundversicherung gehören.»
Die Krankenversicherung sei eine Versicherung für Krankheiten. Doch heute würden alleine von den Versicherern bereits über 3 Milliarden Franken für die Langzeitpflege ausgegeben.

Arbeitgeber kann zahlen

A propos Pflegeversicherung: In Deutschland wird sie mit Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträgen finanziert. Hierzulande drohen den Arbeitgebern bereits mit der 13. AHV-Rente höhere Sozialkosten und falls die BVG-Revision im Herbst durchkommt, sind höhere Arbeitgeberbeiträge Tatsache. Zudem redet das Parlament derzeit erst noch über eine obligatorische Kranktentaggeldversicherung, die mit Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträgen zu finanzieren wären. Und jetzt auch noch eine Pflegeversicherung?
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