Private Spitex-Firmen werden skeptisch beäugt

Es werden immer mehr private Spitex-Firmen gegründet. Weil sie neu auch Angehörige anstellen können. Der Verband betont: Das ist ein seriöses Geschäft.

, 4. September 2024 um 12:36
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Symbolbild: Medinside (made with Midjourney).
Besonders den Krankenkassen und den Gemeinden ist es aufgefallen: Es gibt viele neue private Spitex-Firmen. Von rund 30 Neugründungen spricht Manuel Ackermann vom Krankenkassenverbands Santésuisse gegenüber den «Tamedia»-Zeitungen.
Ein Grund für den Aufschwung der Privat-Spitex ist, dass sich seit einiger Zeit auch pflegende Angehörige bei Spitex-Organisationen anstellen lassen können. Viele der neuen privaten Spitex-Firmen widmen sich diesem Geschäftsmodell.
Das führt nun offenbar auch dazu, dass die Krankenkassen und Gemeinden mehr Pflegeleistungen bezahlen müssen – Leistungen, die zuvor gratis erbracht wurden.

Spitex-Verband fürchtet «Wildwuchs»

Parallel kommt die Frage auf, wie seriös solche privaten Spitex-Firmen geschäften. Marianne Pfister, Co-Geschäftsführerin des Spitex-Dachverbands, befürchtet einen «Wildwuchs», weil einige private Spitex-Firmen die aufwendige Begleitung der pflegenden Angehörigen vernachlässigen würden.
Marcel Durst, Geschäftsführer des Verbands der Privaten Spitex (ASPS), wehrt sich für «seine» Verbandsmitglieder. Fünf bis zehn Neumitglieder hat der Verband in letzter Zeit gewonnen. Durst betont, dass die Firmen eine kantonale Betriebsbewilligung bräuchten. Und: «Kontrollen und Qualität sind identisch mit einer normalen öffentlichen oder privaten Spitex.»

Es braucht noch «Justierungen»

Das neue Geschäftsmodell mit der Anstellung von Angehörigen, die pflegen, findet er «eine gute Sache». Und zwar auch wegen des Personalmangels und der demografischen Entwicklung.
Es brauche aber noch «Justierungen». Sein Verband hat für die Mitglieder Verhaltensregeln für die Angehörigenpflege aufgestellt. Ausserdem müssen die Unternehmen einen Basisvertrag für die Anstellungen einhalten. Ob sich tatsächlich alle danach richten, lasse sich bei 400 Mitglieder nicht lückenlos prüfen, meint Marcel Durst. «Hinweisen gehen wir konsequent nach. Die Aufsichtspflicht liegt aber grundsätzlich bei den Kantonen und den Krankenkassen.»

Santésuisse will Tarif senken

Der Krankenkassenverband Santésuisse vermutet, dass die Spitex-Firmen mit der Beschäftigung von Angehörigen zu viel Geld verdienen und fordert deshalb, dass der Tarif für pflegende Angehörige deutlich gesenkt werde.
Dazu sagt Marcel Durst: «Bald werden wir einige Kostenrechnungen vorliegen haben, welche aufzeigen werden, welche Kosten wirklich entstehen. Er gehe davon aus, dass der Anteil der Kantone und Gemeinden an der Finanzierung etwas sinken werde. Der Kanton Zug hat die Restfinanzierung bereits gesenkt, der Kanton Aargau macht das auf Januar. «Weitere werden folgen», prognostiziert Durst.
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