Wie das Operationsverbot ein Arzt in eine Burn-out-Krise stürzte

Ein Kaderarzt einer Orthopädischen Abteilung kämpft plötzlich mit völlig neuartigen, heftigen Selbstzweifeln. Ausgangspunkt der Sinnkrise war der Operationsstopp während der Corona-Pandemie.

, 16. Dezember 2021 um 10:01
image
  • ärzte
  • spital
  • remed
  • coronavirus
  • fmh
«Ich fühle mich elend, zweifle an mir selbst und finde keinen Ausweg mehr aus einer vernichtenden Abwärtsspirale.» So fasste ein Chirurg eines Schweizer Spitals seine Situation während der Corona-Krise zusammen. Es ist einer von vielen Fällen, mit dem Remed konfrontiert ist, das Unterstützungsnetzwerk für Ärztinnen und Ärzte in beruflichen und persönlichen Krisen.
Der Kaderarzt, der die Orthopädische Abteilung in einem Schweizer Spital leitet, bezeichnet sich als Mensch mit extrem hohen ethischen und moralischen Ansprüchen an sich selbst. Die hohe Verantwortung als Arzt bedeutet ihm viel, wie die «Schweizerische Ärztezeitung» seinen Fall schildert. Und er sei ein Teamplayer.  

Erwachte nachts schweissgebadet

Doch nach eineinhalb Jahren Corona kämpfte er mit völlig neuartigen, heftigen Selbstzweifeln. Er kam plötzlich mit seiner Arbeit und dem Druck, unter dem er sich damals wiederfand, nicht mehr zurecht. 
«Ich erwache in der Nacht schweissgebadet und grüble stundenlang unergiebig, vor allem über mögliche zweifelhafte Behandlungsempfehlungen in der Vergangenheit», sagte er damals. 
Schnell wurde aus dem Konflikt klar, dass die Corona-Krise mit der auferlegten Phase des Operationsstopps für Wahleingriffe bei ihm zum Ausgangspunkt einer tiefen moralischen Sinnkrise wurde. So musste er gemäss Ärztezeitung enttäuschend feststellen, dass sich einige Patienten im Zusammenhang mit dem Operationsstopp von ihm abwendeten – und die Behandlungen anderweitig weiterführten.

Mischung aus Scotch und Lexotanil?

Noch erdrückender wurde die Situation durch den zunehmenden ökonomischen Druck, der auf ihm lastete – «dieser ist inzwischen so gross wie noch nie». Der «Indikationsstress» verunsicherte den Orthopäden noch mehr und löste sogar Existenzängste aus. Generell steht das Gefühl Fallzahlen und eine vorgegeben Anzahl Operationen liefern zu müssen, in krassem Widerspruch zu seinen Werten.
Obwohl sich der Kaderarzt elend fühlte und keinen Ausweg mehr aus der vernichtenden Abwärtsspirale fand, sei für ihn Selbstmedikation keine Option gewesen, um seinen Schlafproblemen zu begegnen. Ein guter Kollege von der Anästhesie, von dem er es überhaupt nicht erwartet hätte, verriet ihm übrigens, dass er wunderbar schlafe mit einer Mischung aus Scotch und Lexotanil vor dem Zubettgehen.

Coaching schien zu helfen 

Der Kaderararzt der Orthopädischen Abteilung des Schweizer Spitals scheint die Krise mit Hilfe des Remed-Unterstützungsnetzwerkes inzwischen überwunden zu haben. Gegenwärtig geht er in einem von Remed vermittelten Coaching weiter nach, wie im Bericht der aktuellen Ausgabe der «Schweizerischen Ärztezeitung» weiter zu lesen steht.

  • Burn-out im Arztberuf, in: «Schweizerische Ärztezeitung»

Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Basel: Adullam-Stiftung engagiert Jörg Leuppi

Der CMO des Kantonsspitals Baselland wird Stiftungsrat bei der Organisation für Altersmedizin.

image

USZ macht Verlust von 49 Millionen Franken

Verantwortlich dafür sind unter anderem inflations- und lohnbedingte Kosten. Zudem mussten Betten gesperrt werden.

image

Auch das KSW schreibt tiefrote Zahlen

Hier betrug das Minus im vergangenen Jahr 49,5 Millionen Franken.

image

...und auch das Stadtspital Zürich reiht sich ein

Es verzeichnet einen Verlust von 39 Millionen Franken.

image

Kantonsspital Olten: Neuer Chefarzt Adipositaschirurgie

Urs Pfefferkorn übernimmt gleichzeitig die Führung des Departements Operative Medizin.

image

SVAR: Rötere Zahlen auch in Ausserrhoden

Der Einsatz von mehr Fremdpersonal war offenbar ein wichtiger Faktor, der auf die Rentabilität drückte.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.