Uwe E. Jocham: Per Gesetz gegen den starken Mann der Insel Gruppe

Nach der Rochade an der Spitze der Berner Spitalgruppe stellt sich auch die Frage: Welche Kompetenzen braucht es für das Präsidium der Insel Gruppe?

, 31. Januar 2018 um 11:00
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Die Einsetzung von Uwe E. Jocham erst als als Verwaltungsrats-Präsident, dann als Direktionspräsident der Insel Gruppe weckt nun doch allerlei politischen Widerstand. Insbesondere das Doppelmandat scheint zum Streitfall zu werden.
Konkret amtiert Uwe E. Jocham seit letzter Woche zugleich als Generaldirektor und Interimspräsident der Spitalgruppe; sobald der neue Präsident bestimmt ist, könnte Jocham auch als einfaches Mitglied im Aufsichtsgremium bleiben. Dies deutete Pierre Alain Schnegg an, der zuständige Regierungsrat. Und Recherchen von «Bund» und «Berner Zeitung» machten in den letzten Tagen klar, dass der SVP-Gesundheitsdirektor den Nachfolger von erstens Joseph Rohrer und zweitens Holger Baumann als sehr starken Mann der «Insel» sieht.

«Lex Jocham»

Im Grossen Rat wurde aber jetzt eine Gegen-Motion eingereicht, angestossen von Barbara Mühlheim. Die GLP-Politikerin sowie weitere Vertreterinnen von BDP, SP und Grünen fordern, dass Verwaltungsrat und Direktion in Berns öffentlichen Spitälern kategorisch getrennt werden. Vorgesehen ist also eine eigentliche «Lex Jocham» (wie die BZ titelt). Bei solchen Doppelkonstruktionen seien Rollenkonflikte programmiert, so die Politikerin – man denke nur an die Lohnfestsetzung für den CEO.
Die starke Rolle des neuen Insel-Chefs zeigt sich aber auch im angelaufenen Prozess der Nachfolgeregelung. Der Noch-Verwaltungsratspräsident Jocham hat den Auftrag, der Regierung bis Ende März eine Lageanalyse vorzulegen. Dieses Papier werde auch dazu dienen, «das Anforderungsprofil für das neue Verwaltungspräsidium festzulegen», verriet Regierungsrat Schnegg gestern im «Bund».

Posten für Alt-Regierungsräte?

Als Idealbesetzung sah Schnegg selber «eine starke Führungspersönlichkeit», die Kenntnisse in Management, Spitallandschaft, Bauwesen, Universität habe. «Gerade Letzteres ist wichtig, weil die Spitäler eng mit der Universität verknüpft sind. Wenn es zugleich eine Berner Persönlichkeit sein könnte, wäre das aus meiner Sicht optimal.»
Der letzte Punkt könnte dazu beitragen, die Insel Gruppe neu in Berns Spitallandschaft einzubinden und zu engeren Kooperationen mit den anderen Spitälern zu bewegen. In Medien und Öffentlichkeit kursierten bereits diverse Namen von ehemaligen und scheidenden Regierungsräten, welche für die Präsidenten-Position denkbar wären: So Barbara Egger (SP) und Bernhard Pulver (Grüne). Darauf angesprochen, warf Pierre Alain Schnegg in der «Berner Zeitung» gleich ein paar andere Regierungsrats-Namen in die Runde: «Wenn Sie eine Liste wollen, können Sie noch einige Personen anhängen. Hans-Jürg Käser tritt auch ab, und Andreas Rickenbacher ist auch nicht mehr im Regierungsrat.»
Ob er da eher verwedeln wollte? Erstaunlich ist jedenfalls, dass eine Grundsatzfrage dabei hinten zu stehen scheint. Nämlich die Frage, ob die Insel-Spitze überhaupt – wie so oft in öffentlichen Spitälern – einfach mit ehemaligen Magistraten besetzt werden soll.
Uwe E. Jocham, der künftige Insel-Leader, ist kein eigentlicher Spitalmanager, er kommt primär aus der Pharmaindustrie. Und Krankenhaus-Chefs von der Pike auf sind im Insel-Verwaltungsrat ebenfalls kaum präsent – während das Gremium bereits heute sehr gut besetzt ist mit Kennern des Verbandswesens, der Verwaltung sowie von Unternehmensberatung, Controlling und Rechtswesen; weiter ist die Universität mit einem Sitz im Aufsichtsgremium vertreten, ihn hat derzeit Biochemiker und Uni-Rektor Christian Leumann inne.
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