Tessin: Tragische Verwechslung zweier Patientinnen

In der Privatklinik Sant'Anna wurden einer Patientin beide Brüste entfernt – fälschlicherweise.

, 10. Juli 2015 um 06:00
image
  • genolier
  • kunstfehler
  • spital
  • tessin
  • clinica sant'anna
Der Fall geschah vor gut einem Jahr in der Clinica Sant'Anna in Sorengo. Einer 67jährigen Frau sollte operativ ein kleiner Tumor entfernt werden. Im Verlaufe des Eingriff wurden der Patientin aber beide Brüste entfernt. 
Die Frau hat sich jetzt bei der Tessiner Zeitung «La Regione» gemeldet, um ihr Schicksal publik zu machen: «Ich will kein Geld», erklärte sie, «ich will die Wahrheit. Und ich will vermeiden, dass andere meinen Kreuzweg durchmachen müssen.»
Tatsächlich scheint ein besonderes Problem bei der Kommunikation der Genolier-Klinik zu liegen. Als die Patientin aus der Narkose erwachte, erlebte sie einen Schock. Der Arzt erklärte die mastectomia totale bilaterale damit, dass sich der Tumor stärker ausgebreitet hatte als angenommen. 

Schweigen zur Schonung?

Die Patientin recherchierte weiter – bis sich knapp ein halbes Jahr später der Arzt meldete und um ein Treffen ersuchte. In Anwesenheit des Klinik-Anwalts Fulvio Pelli wurde der Frau in November eröffnet, dass sich ein Fehler ereignet habe: Im Ops sei sie mit einer anderen Patientin verwechselt worden.
Dabei erklärte man – immer laut Darstellung der Frau aus dem Sottoceneri – die lange Schweigezeit damit, dass man sie so kurz nach der Operation durch die Information nicht habe traumatisieren wollen.
Inzwischen hat die Patientin Anzeige erstattet, und Kantonsmediziner Giorgio Merlani überprüft die Sache. Erst im Januar habe man die Arbeitsabläufe in der Clinica Sant'Anna überprüft. 

  • «Tragico errore in sala operatoria: le amputano i seni per errore», in: «La Regione»
  • «Amputations-Pfusch in Tessiner Nobel-Klinik: Patientin wacht ohne Brüste auf», in: «Blick»

Siehe auch:
«Eine Checkliste für die Piloten im Operations-Saal»«Wie unfassbare Kunstfehler passieren können»
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Spital Lachen rückt die Gefässmedizin ins Zentrum

Gefässerkrankungen sind verbreitet und können Menschen jeden Alters betreffen. Unbehandelt können schwerwiegende Komplikationen wie Gefässverschlüsse oder Organschäden folgen. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung ist essenziell – genau hier kommt das Gefässzentrum des Spitals Lachen ins Spiel.

image

Die digitalisierte Patient Journey in der Lindenhofgruppe

Die digitale Patient Journey ist in Schweizer Spitälern etabliert. Sie erleichtert Patient:innen die Planung, Vorbereitung und Begleitung rund um den Spitalaufenthalt und entlastet das medizinische Personal – besonders bei psychisch belastenden Situationen im Vorfeld.

image

Clinica Hildebrand profitiert von Tarifanpassung und Spezialisierung

Die Tessiner Reha-Klinik verzeichnet eine markante Trendwende: Mit fast voller Bettenauslastung und gesteigertem Case Mix schloss sie 2024 mit einem Gewinn von 2,3 Millionen ab.

image

Hohe Fluktuation ist ein Qualitätskiller

Wenn Ärzte und Pflegepersonal häufig wechseln, leidet die Patientenversorgung, und die Mortalität steigt: Dies besagt eine Datenanalyse aus 148 britischen Kliniken.

image

Swiss Medical Network: Grösser und rentabler

Im letzten Jahr stieg der Umsatz der zweitgrössten Schweizer Klinikgruppe um knapp 6 Prozent.

image

Innovative Kinderradiologie am Kantonsspital Baden

Das Kantonsspital Baden setzt in seinem Neubau neue Massstäbe in der patientenfreundlichen Versorgung von Kindern und Jugendlichen. Die Kinderradiologie bietet ein breites Spektrum an diagnostischen und therapeutischen Leistungen und arbeitet eng mit anderen Fachbereichen zusammen.

Vom gleichen Autor

image

Spital heilt, Oper glänzt – und beide kosten

Wir vergleichen das Kispi Zürich mit dem Opernhaus Zürich. Geht das? Durchaus. Denn beide haben dieselbe Aufgabe: zu funktionieren, wo Wirtschaftlichkeit an Grenzen stösst.

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.