Jetzt also doch: Swiss Medical Network schluckt Privatklinik in Genf

Die Clinique Générale-Beaulieu, gegründet 1899, kommt für knapp 190 Millionen Franken unters Dach der zweitgrössen Schweizer Privatklinik-Gruppe.

, 13. September 2016 um 21:23
image
Swiss Medical Network will die Générale Beaulieu Holding SA übernehmen und damit die Clinique Générale-Beaulieu in Genf ins eigene Privatkliniken-Netz integrieren. Eine entsprechende Vereinbarung haben die Verwaltungsräte der beiden Unternehmen am Dienstag unterzeichnet.
Ziel des Deals sei es, «die Position der Clinique Générale-Beaulieu als führende Privatklinik in Genf weiter zu stärken und damit die künftige Entwicklung des Unternehmens zum Wohle der Patienten, Mitarbeitenden und Ärzte zu sichern», schreiben die beiden Gesundheits-Unternehmen in einer Mitteilung.

5'700 stationäre Patienten pro Jahr

Konkret heisst dies, dass SMN allen Aktionären der Générale Beaulieu Holding ein Angebot für ihre Namenaktien unterbreiten wird. Der Preis: 25'000 Franken pro Stück. Damit wird die Genfer Privatklinik zu 187,5 Millionen Franken bewertet.
Die Clinique Générale-Beaulieu, gegründet 1899, ist ein Privatspital mit den Spezialgebieten Orthopädie, allgemeine Chirurgie, Urologie, Gynäkologie und Maternité. Die Klinik verfügt über ein Radiologie-Zentrum, ein Institut für Nuklearmedizin sowie ein Zentrum für Physiotherapie und Rehabilitation. Jährlich werden dort rund 5'700 Krankenhausaufenthalte gezählt. Das Unternehmen beschäftigt rund 400 Mitarbeitende und arbeitet mit rund 600 Belegärzten zusammen.
image
1983 erbaut: Hauptgebäude der Clinique Générale-Beaulieu (PD)
Bei der Bewertung spielte allerdings ein gewichtiger Faktor hinein: Die Genfer Holding ist im Besitz von privilegierten Liegenschaften im Wohnquartier Champel, umgeben von natürlichen Grünflächen. Das Spital-Hauptgebäude wurde 1983 erbaut und weist eine Gesamtfläche von 18'000 Quadratmetern auf. Auf dem Gelände der Clinique befinden sich zudem rund 70 Arztpraxen.

Die Verhandlungen waren bereits gescheitert

Die Ankündigung kommt überraschend. Denn bekannt war, dass SMN und die Spitze von Générale-Beaulieu bereits im Herbst 2015 über solch eine Integration verhandelt hatten. Ende Januar teilte dann aber der GB-Verwaltungsrat via Aktionärsbrief mit, dass die Gespräche beendet seien: Man wolle eigenständig bleiben. Und man sei überzeugt, dass die Klinik über eine exzellente Reputation verfüge, hervorragendes Personal habe und die heute gewünschten medizinischen Dienstleistungen anbiete.
Allerdings musste das Klinikunternehmen kurz darauf rote Zahlen vermelden: Bei einem etwas höheren Umsatz von 92 Millionen ergab sich im Geschäftsjahr 2015 ein Verlust von 3,1 Millionen Franken. Das Minus erklärte die Geschäftsleitung allerdings stark mit Sonderfaktoren, beispielsweise ungünstigen Leasing-Verträgen oder den Investitionen in ein Anti-Aging-Zentrum, das dann wieder aufgegeben werden musste. 

Ohne Anlehnung ging es nicht mehr

Fürs laufende Jahr 2016 erwarte man bei etwa gleich hohen Umsätzen wieder einen Gewinn von etwa 4 Millionen Franken, hiess es damals. Allerdings stellte der Verwaltungsrat an der Generalversammlung Ende Juni fest, dass ein vollständiger Alleingang «angesichts des schwierigen Marktumfelds» nicht mehr möglich sei. 
Générale-Beaulieu suchte nach Kooperationen mit anderen Privatkliniken – wobei insbesondere ein Zusammenschluss mit der Genfer Klinik Grangettes im Zentrum der Pläne schien.
Und jetzt doch Swiss Medical Network. Die zweitgrösste Privatspitalgruppe im Land wird damit 16 Privatspitäler betreiben, insgesamt 3'150 Mitarbeiter beschäftigen und 1'850 Belegärzte akkreditiert haben. Die zum börsenkotierten Aevis-Victoria-Konzern gehörende Kette ist in der Deutschschweiz wie im Tessin wie in der Romandie präsent. Und heute schon gehört in Genf das Centre Médico-Chirurgical des Eaux-Vives sowie das Centre d'Oncologie des Eaux-Vives dazu.
Zum Vergleich: Hirslanden, die Nummer 1 unter den Klinik-Gruppen, hat in der Schweiz 16 Kliniken in 11 Kantonen, beschäftigt 8'750 Mitarbeitende und gut 2'000 Belegärzte beziehungsweise angestellte Ärzte.
Dass Swiss Medical Network – bis vor kurzem bekannt unterm Namen Genolier – mehr Wachstum anstrebt, war dabei kein Geheimnis: Verwaltungsrats-Präsident Raymond Loretan machte mehrfach deutlich, dass seine Klinikgruppe «eine kritische Masse erreichen» will, wobei er eine Zahl von 20 bis 25 Privatkliniken nannte. Denn erst als grössere Klinik-Gruppe könne man ein ernsthafter Player werden in der nationalen Gesundheitsorganisation, argumentierte Loretan: «Wir wollen ein wichtiger Gegenspieler der öffentlichen Spitäler werden.» (mehr dazu hier)

Générale-Beaulieu «weiter stärken»

Dass aber die nächste Übernahme in der Romandie erfolgt, wo SMN ohnehin schon stark vertreten ist, mag erstaunen: Experten hatten eher erwartet, dass die Klinikgruppe ihre Position vor allem in der Deutschschweiz ausbauen wolle. Gut möglich also, dass sich die Lage von Générale-Beaulieu als Gelegenheit entpuppte, welche die Aevis-Victoria-Spitze nicht vorübergehen lassen konnte.
Man wolle die «Clinique Générale-Beaulieu als unabhängiges und im lokalen Gesundheitsmarkt verankertes Unternehmen weiter stärken», teilten die Unternehmen am Dienstag abend mit. 
Deshalb werde «Swiss Medical Network eng mit den Mitarbeitenden und Belegärzten des Spitals zusammenarbeiten, so wie es dies mit den anderen Privatspitälern der Gruppe gemacht hat. Gleichzeitig erlaubt diese Zusammenarbeit dem Spital, von den Stärken und Strukturen einer nationalen Gruppe zu profitieren.»
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Hirslanden: Umbau an der Spitze – näher zu den Regionen

Hirslanden-Zürich-Direktor Marco Gugolz zieht als Regional Operations Executive in die Konzernleitung ein.

image

Was geschieht mit dem Spital Thusis?

Die Stiftung Gesundheit Mittelbünden sucht Wege aus der finanziellen Krise – beraten von PwC. Ein Entscheid soll im Herbst fallen.

image

CSEB: «Herausfordernd, aber zufriedenstellend»

Trotz roten Zahlen und leicht rückläufigen Patientenzahlen gibt sich das Center da sandà Engiadina Bassa optimistisch.

image

Spital STS: Hohe Patientenzahlen bewahren nicht vor Verlust

Sowohl stationär als auch ambulant gab es bei der Spitalgruppe Simmental-Thun-Saanenland 2023 einen Zuwachs.

image

Spital Lachen bricht Neubau-Projekt ab

Nun soll saniert statt neu gebaut werden – aus finanziellen Gründen, aber auch wegen der Flexibilität.

image

Spitalzentrum Biel: Sehr rote Zahlen wegen Sonderabschreiber

Andererseits war 2023 ein Wachstumsjahr für die SZB-Gruppe, es gab einen Rekordwert bei den Patientenzahlen. Und die dynamische Entwicklung setze sich 2024 fort.

Vom gleichen Autor

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.