Spitalzusatzversicherungen - zwei Motionäre auf ordnungspolitischer Geisterfahrt
Zwei Freiburger Grossräte verlangen, dass der Kanton die Spitalrechnungen der Halbprivat- und Privatpatienten kontrolliert. In anderen Kantonen der Westschweiz geistern ähnlich schräge Ideen herum, welche die Rollenkonflikte der Kantone im Gesundheitswesen verschärfen.
, 28. Dezember 2021 um 14:51Wo ist das Problem?
Objektives Preis-Leistungs-Verhältnis in der Grundversicherung, subjektives in Zusatzversicherungen
Kantone sind nicht zuständig für Privatversicherungen
- 1. Die Kantone kontrollieren die stationären Spitalrechnungen für Behandlungen auf den allgemeinen Abteilungen nicht annähernd so genau, wie es die Krankenkassen tun. Es interessiert sie bloss, wie viel sie für Patienten bezahlen müssen, die sich ausserkantonal behandeln lassen.
- 2. Die Kantone haben im Gesundheitswesen erhebliche Rollenkonflikte. Sie müssen die medizinische Versorgung sicherstellen und dafür sorgen, dass keine medizinischen Fachpersonen und Institutionen auf dem Markt sind, die Patienten gefährden. Sie sind aber indirekt oder indirekt an Institutionen (z.B. Spitäler) beteiligt, die sie kontrollieren müssen, genehmigen sämtliche, im Kanton geltenden Grundversicherungstarife und bezahlen 55 Prozent jeder stationären Behandlung (die Krankenkassen 45 Prozent). Durch diese Rollenkonflikte sind die Kantone permanent im Dilemma. Sie müssen sowohl für hohe Qualität als auch für tiefe Kosten sorgen. Sie bestimmen die Spielregeln und sind gleichzeitig Mitspieler und Schiedsrichter. Im Kanton Freiburg führen diese Rollenkonflikte zur grotesken Situation, dass das Kantonsspital (HFR) mit anderen Spitälern nicht konkurrenzfähig und hochdefizitär ist. Obwohl das HFR-Personal rund 10 Prozent mehr verdient als in den Nachbarkantonen, macht das Spital nicht mit bester Qualität Werbung. 70 Prozent der Spitalkosten sind Personalkosten. Ein Spital, dass sein Personal besser bezahlt als die Konkurrenz, sollte so gute Leistungen erbringen, dass die Patienten Schlange stehen, weil sie unbedingt dort behandelt werden wollen.
- 3. Die Kantone verschweigen in der Debatte um angeblich zu hohe Vergütungen für Halbprivat- und Privatpatienten, dass sie davon profitieren, denn mit Gewinn aus dem Geschäft mit Halbprivat- und Privatpatienten decken die Spitäler Defizite ihrer Ambulatorien und allgemeinen Abteilungen. Der frühere FDP-Gesundheitsminister Pascal Couchepin pflegte schon vor Jahren zu sagen, dass er keinen Grund sieht, eine soziale Quersubventionierung der grundversicherten Patienten durch Patienten mit Zusatzversicherungen zu unterbinden.
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