«Choosing Wisely Switzerland» räumt SAQM-Preis ab

Überversorgung, Patienten-Selbstmanagement, Medikamentensicherheit und Onkologie: Die Innovation Qualité 2018 der Akademie für Qualität in der Medizin prämiert diese vier Leistungen.

, 17. April 2018 um 15:00
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Die Schweizerische Akademie für Qualität in der Medizin (SAQM) hat am Dienstag im Rahmen des SAQM-Symposiums zum ersten Mal den Qualitätspreis «Innovation Qualité» verliehen. Der Preis zeichnet praxisbewährte Projekte aus, welche die Qualität des Schweizer Gesundheitswesens verbessern.
Fast 40 Projekte aus der ganzen Schweiz haben sich beworben. Vier davon überzeugten die zwei unabhängigen Jury ganz besonders, weil sie die Qualität medizinischer Leistungen zum Nutzen von Patienten erhöhen. Nicht zuletzt, indem diese teilweise selber in die Projekte involviert werden, wie die SAQM mitteilt, die Qualitätsorganisation der Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte FMH. 
Die Innovation Qualité prämiert Qualitätsprojekte in drei Kategorien:

Sanacare: Power-Patienten dank interprofessionellem «Chronic Care Management»Adrian Göldlin, Marc Jungi, Rahel Sahli

Für die drei häufigen Krankheiten Bluthochdruck, Diabetes und COPD hat der Gruppenpraxis-Betreiber Sanacare ein interprofessionelles «Chronic Care Management CCM» entwickelt. Es handelt sich dabei um strukturierte Behandlungspfade. Mittlerweile ist CCM in zwölf Gruppenpraxen deutscher, italienischer und französischer Landessprache eingeführt – mit rund beteiligten 600 Patienten
Das CCM vollzieht den Wechsel von der rein ärztlichen zur interprofessionellen Teambehandlung, indem geeignete ärztliche Tätigkeiten an die medizinische Praxiskoordinatorin delegiert werden. Zudem spielt der Patient eine aktive Rolle im Behandlungsteam. Gemeinsam mit den Patienten wird der Behandlungsplan festgelegt, umgesetzt und den Fortschritten entsprechend angepasst. So lässt sich die Behandlungsqualität erhöhen, wobei gleichzeitig die Zahl der Arztkonsultationen sinkt. 

  • Kategorie «Patientenversorgung neu gedacht» | Preisgeld: 15'000 Franken

EOC Lugano: Wie sich unerwünschte Arzneimittelwirkungen aufspüren lassen

Alessandro Ceschi, Paolo Hitz, Laura Müller, Gerd Kullak-Ublick, Vasco Piffaretti
Das Institut für klinische Pharmakologie und Toxikologie der Tessiner Spitalverbunde (EOC) hat ein elektronisches Pharmakovigilanz-System entwickelt. Über 90 Prozent der Fälle von unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) werden nicht gemeldet. Diesem «Underreporting» wollen die Betreiber des elektronischen Programms entgegenwirken.
Das System filtert mögliche UAW anhand bekannter und laufend aktualisierter Fachtermini immer präziser aus den digitalen Patientendossiers des – geschützten – Spitalnetzes heraus. In der Testphase waren über 55 Prozent der gefundenen UAW gemäss Swissmedic-Kriterien meldepflichtig, und wiederum 87,5 Prozent davon als schwerwiegend definiert. 

  • Kategorie «Patientensicherheit» | Preisgeld: 15'000 Franken

SGAIM: Weniger ist manchmal mehr: «smarter medicine – Choosing Wisely Switzerland»Jean-Michel Gaspoz, Bernadette Häfliger Berger

2014 lancierte die Schweizerische Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin SGAIM (vormals SGIM) die Kampagne «smarter medicine» und publizierte als erste medizinische Fachgesellschaft der Schweiz zwei Top-Five-Listen mit fünf medizinischen Massnahmen, bei denen eine Überversorgung festzustellen war. Je eine für den ambulanten und, etwas später, für den stationären Bereich. 
2016 beschloss die SGAIM, die erfolgreiche Kampagne zu vertiefen und Patienten und Konsumenten sowie auch nicht-ärztliche Berufsorganisationen in die Diskussion gegen die Fehl- und Überversorgung in der Medizin einzubeziehen. Mitte Juni 2017 wurde der Verein «smarter medicine – Choosing Wisely Switzerland» gegründet. Inzwischen haben auch vier andere ärztliche Fachgesellschaften ihre eigenen Top-Five-Listen veröffentlicht, weitere sind in Vorbereitung.

SGMO: «Ich bin onkologisch bestens betreut»: Zertifikat «Swiss Cancer Network» Walter Mingrone, Christoph Renner, Ursula Kapp et al. 

Alle Krebserkrankten in der Schweiz sollen Zugang zu einer wohnortsnahen und qualitativ hochstehenden onkologischen Versorgung haben. Mit diesem Ziel hat die Schweizerische Gesellschaft für Medizinische Onkologie SGMO das Qualitätszertifikat «Swiss Cancer Network» geschaffen. Onkologen können sich bei der SGMO gemäss diesem Programm zertifizieren und auditieren lassen. 
Bisher fehlte den meisten Patienten ein Instrument, um die Güte der onkologischen Betreuung zu beurteilen. Dank dem Zertifikat Swiss Cancer Network können sie sich nun darauf verlassen, eine optimale Behandlung zu erhalten, die unter anderem den Empfehlungen international anerkannter Guidelines folgt. Sämtliche bisher zertifizierten Institutionen sind auf www.sgmo.ch publiziert. Landesweit sind dies bereits über 30. 

  • Kategorie «Ärzteorganisationen» | Preisgeld: 10'000 Franken

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