Privatklinik Linde: Das Duell bleibt spannend

Wechselt die Bieler Klinik tatsächlich zu Hirslanden? Aevis-Victoria-Chef Antoine Hubert weiss starke Kräfte auf seiner Seite. Aber er stellt fest, dass die Belegärzte im Übernahmeduell unter erheblichem Druck stehen.

, 21. Juni 2017 um 12:00
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Kippt die Linde zu Hirslanden? So schien es noch heute Vormittag. Aber vielleicht ist der spannendste Übernahmekampf der Schweizer Spitalgeschichte noch keineswegs gelaufen. Denn die andere Mitbewerberin, Aevis Victoria, berichtet ebenfalls über ein Pfand in ihrer Hand: Inzwischen wurden ihr rund 30 Prozent der Aktien der Bieler Privatklinik angeboten.
Das «Bieler Tagblatt» hatte am Dienstagabend unter Berufung auf Beteiligte gemeldet, dass sich die Belegärzte recht deutlich hinter den Wechsel zu Hirslanden gestellt hätten: Rund 75 Prozent der Teilnehmer einer Ärzteversammlung hätten sich am Montag auf diese Seite gestellt – und damit auch ähnlich viele anwesende Aktienstimmen.

Die Sache mit den Akkreditierungen

Allein: Diese Belegärzte repräsentieren lediglich etwa 60 Prozent des Aktienkapitals, und auch davon waren nicht alle an jenem Treffen beteiligt.
Für Antoine Hubert ist die Sache also noch keineswegs entschieden: Man habe einen sehr gut organisierten Arbeitsprozess hinter sich, bei dem mit dem Verwaltungsrat der Linde Holding über zwei bis drei Monate Vertrauen aufgebaut wurde, so der Präsident von Aevis Victoria gegenüber Medinside.
Vorhanden sei also eine solide Offerte, welche weiterhin die Unterstützung des Verwaltungsrates geniesst. Hirslanden sei einfach spät und überraschend in diesen Prozess gekommen. Dabei sei es der Zürcher Gruppe durchaus gelungen, die Ärzte zu verunsichern: «Sie konnten die Ärzteschaft spalten.»
Denn Hirslanden verfügt über drei Kliniken und ein Praxiszentrum in Bern – so dass ein grosser Teil der Linde-Ärzte daneben an einer Hirslanden-Klinik akkreditiert ist.
Das heisst: Es braucht auch etwas Mut, das Angebot der grössten Schweizer Klinikgruppe abzulehnen und vielleicht zu riskieren, dass man diesen Zugang verliert.

  •  Die Privatklinik Linde steht auf der Berner Spitalliste und konzentriert sich auf Chirurgie, Sportmedizin, Orthopädie, Onkologie, Radiologie sowie Gynäkologie und Geburtshilfe. Sie beschäftigt rund 400 Personen.
  • Swiss Medical Network hat ebenfalls 16 Kliniken, beschäftigt 2’950 Angestellte und 1’790 Ärzte.
  • Hirslanden führt 16 Kliniken in 11 Kantonen, beschäftigt rund 9'000 Mitarbeitende und hat 2'000 Belegärzte. Rund 100'000 Patienten werden stationär behandelt.

Swiss Medical Network kann in dieser Situation nur betonen und darauf pochen, dass die Autonomie der Klinik und der Ärzte unter dem Dach der Freiburger Gruppe bewahrt würde: Und dass man den Glauben an die Privatklinik Linde durch Investitionen von 25 Millionen Franken beweisen werde.
Swiss Medical Network sei dezentral und föderalistisch organisiert und wende ihren Kliniken konsequent das Belegarztprinzip an, so ein Argument, welches die Aevis-Victoria-Tochter auch gestern in einem Communiqué nochmals vorlegte. Damit könne die «Linde» ihre jetzige Strategie mit einem eigenständigen Verwaltungsrat und mit der aktuellen Geschäftsleitung weiterverfolgen. 
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Es dürften solche Argumente sein, die am Ende entscheiden. Beide Seiten signalisieren, dass sie mit 3'100 Franken pro Aktie ihr Maximum erreicht haben. Der Preis wird also nicht ausschlaggebend sein dafür, wen die Aktionäre und Belegärzte der Linde Holding zur neuen Besitzerin küren: Es sind die strategischen und medizinischen sowie die persönlichen beruflichen Aussichten.
Das heisst zugleich, dass der Wert der Linde auf gut 108 Millionen Franken veranschlagt wird: Das wäre das 80fache des letztjährigen Jahresgewinns, oder anders: Es ergäbe sich eine Rendite knapp über 1 Prozent.
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