Je mehr Ärzte zugelassen sind, desto stärker steigen die Pflegekosten

Wenige Spezialisierungen sind die grössten Kostentreiber, wie ein Bericht des Gesundheitsobservatoriums (Obsan) zeigt.

, 21. November 2017 um 14:44
image
  • ärzte
  • politik
  • gesundheitskosten
  • praxis
Die Diskussion um die Zulassungssteuerung für Ärzte erhält neue Nahrung. Eine Studie des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums Obsan zeigt auf, welche Auswirkungen die Steuerung der Zulassung auf Ärztebestand und Gesundheitskosten hat.  

Plus 7,8 Prozent pro Jahr

Eine frühere Obsan-Untersuchung hatte bereits gezeigt, dass es nach dem Ende des Zulassungsstopps Ende 2011 zu einer starken Zunahme der Anzahl Spezialärzte kam. Nun ist klar: Dieser Zuwachs hatte auch finanzielle Folgen. 
In der Spezialmedizin stiegen die Kosten zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) deutlich an - um durchschnittlich 7,8 Prozent pro Jahr. Moderater erwies sich der Anstieg während des Zulassungsstopps (plus 3,6 Prozent) und nach Beginn der Übergangsregelung ab Mitte 2013 (plus 4,5 Prozent).Gefragte SpezialistenIm gesamten Beobachtungszeitraum nahmen die OKP-Kosten in der Spezialmedizin stärker zu als die Kosten der Grundversorger und anderer Leistungserbringer (siehe Grafik). Besonders gross war der Unterschied nach Auslaufen des Zulassungsstopps. «Hier zeigt sich, dass der Kostenanstieg in diesem Zeitraum tatsächlich aussergewöhnlich war», heisst es in der Studie.
image
Quelle: Obsan
Gemäss der Untersuchung konsultierten seit dem Auslaufen der Zulassungsbeschränkung mehr Personen eine Ärztin oder einen Arzt. Auch hier waren besonders Spezialisten gefragt. Die Konsultationen stiegen um 3,3 Prozent im Jahresdurchschnitt im Zeitraum ohne Zulassungsstopp und um 2,6 Prozent während der Übergangsregelung.
Die Mehrheit der neuen Praxen und Kosten entfallen auf wenige Spezialisierungen: So gibt es in den fünf Fachgebieten Psychiatrie und Physiotherapie, Ophthalmologie, Änästhesie, Gynäkologie und Geburtshilfe sowie Dermatologie und Venerologie das stärkste Kostenwachstum.  

Stadt-Land-Graben wurde grösser

Derweil wurde der Stadt-Land-Graben in der Ärzteversorgung durch die Aufhebung des Zulassungsstopps eher noch verstärkt. Neue Praxen wurden vorwiegend in städtischen Gebieten eröffnet, wie die Studie zeigt. In ländlichen Gemeinden blieb die Ärztedichte zwischen 2010 und 2016 sowohl in der Spezialmedizin als auch in der Grundversorgung auf tiefem Niveau stabil.
Bei den Kantonen zeigen sich grosse Unterschiede. Im Dezember 2011, das heisst vor dem Ende des Zulassungsstopps, wiesen die Kantone Basel-Stadt und Genf die höchste Dichte anSpezialärzten auf. Sie war fast acht Mal höher als in den Kantonen Uri und Obwalden.
Bis Ende 2016 fand zwischen den Kantonen keine Angleichung der Spezialärztedichte statt. Im Gegenteil, die Unterschiede haben sich noch vergrössert. Im Kanton Basel-Stadt ist die Spezialärzte-Dichte zehnmal höher als im Kanton Uri.
Sacha Roth, Isabelle Sturny: «Zulassungsstopp für Ärztinnen und Ärzte in Praxen» - Entwicklung des Ärztebestands und der Kosten» - in: «Obsan Bulletin 4/2017» 
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Initiative fordert Stärkung der Medikamenten-Versorgung

Die Initiative «Ja zur medizinischen Versorgungssicherheit» wurde heute mit 131'500 Unterschriften eingereicht.

image

Zürich bekommt eine neue Kantonsärztin, Appenzell sucht eine

Franziska Kluschke tritt im Februar in die Fussstapfen von Christine Maier.

image

Nidwalden: Praxisassistenz für die Pädiatrie

Assistenzärzte des Luzerner Kantonsspitals erhalten die Möglichkeit zu sechsmonatigen Einsätzen im Nachbarkanton.

image

Bundesrat obsiegt gegen Tarifpartner - aber nur knapp

Die Laborkosten steigen und steigen. Das Problem ist nicht der Tarif. Es ist die Menge.

image

Nationalrat: «Tut etwas gegen den Ärztemangel»

Gegen den Willen des Bundesrats verlangt das Gremium nun entsprechende Gesetze.

image

Clinicum Alpinum Liechtenstein: Mitgründer tritt zurück

Marc Risch übergibt das Zepter an Pavel Ptyushkin.

Vom gleichen Autor

image

Pflege: Zu wenig Zeit für Patienten, zu viele Überstunden

Eine Umfrage des Pflegeberufsverbands SBK legt Schwachpunkte im Pflegealltag offen, die auch Risiken für die Patientensicherheit bergen.

image

Spital Frutigen: Personeller Aderlass in der Gynäkologie

Gleich zwei leitende Gynäkologen verlassen nach kurzer Zeit das Spital.

image

Spitalfinanzierung erhält gute Noten

Der Bundesrat zieht eine positive Bilanz der neuen Spitalfinanzierung. «Ein paar Schwachstellen» hat er dennoch ausgemacht.