Lohndeckel für Chefärzte: «Kantone sollten aktiv werden»

Das Solothurner Kantonsparlament erteilt der Lohnobergrenze für Kaderärzte eine Abfuhr. Für die Kantonsrätin Stephanie Ritschard ist das eine verpasste Chance.

, 7. November 2019 um 14:02
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Stephanie Ritschard, Solothurner Kantonsrätin
Derzeit laufen nationale und kantonale Bestrebungen, die Spitäler schweizweit zur Vergütungstransparenz zu verpflichten. Einige Kantone wie St. Gallen kennen für ihre Kaderärzte sogar Lohnobergrenzen: Am Kantonsspital (KSSG) darf beispielsweise kein Arzt mehr als 700'000 Franken im Jahr verdienen. Am Unispital Lausanne liegt die Limite bei 550'000 Franken.
Die Gesundheitsdirektoren (GDK) empfehlen den Kantonen, nicht näher bezifferte Lohnobergrenzen für Spitalkaderärzte einzuführen. Befürworterin für einen solchen Lohndeckel für Leitende Ärzte und Chefärzte ist auch Stephanie Ritschard. In einem Auftrag an den Solothurner Regierungsrat forderte die Kantonsparlamentarierin «Schluss mit überhöhten Chefärztelöhnen». Doch die Mehrheit ihrer Kollegen im Kantonsrat will davon nichts wissen.

«Ohne das Vorpreschen einzelner Kantone wird nichts passieren»

Der Solothurner Kantonsrat hofft in dieser Frage lieber auf eine schweizweite Lösung. Die Angst vor Abwanderung der Ärzte in andere Kantone sei zu gross, heisst es. Doch wann und ob diese zentralistische Lösung überhaupt kommen wird, bleibt offen. Und es ist unwahrscheinlich, dass dereinst überhaupt eine einheitliche Linie hervorgeht.
«Kantone dürfen oder sollten hier aktiv werden», sagt Ritschard enttäuscht. Die Hoheit über das Gesundheitswesen liege bei den Kantonen. Ohne das Vorpreschen einzelner Kantone werde nichts passieren. Auch wenn bereits Bestrebungen laufen, etwa die Offenlegungspflicht als Bedingung für die Aufnahme auf die Spitalliste zu verknüpfen.

Druck der Politik führt zu mehr Transparenz

Einverstanden ist der Kantonsrat hingegen mit ihrem Vorschlag, ein Verbot für mengenabhängige Komponenten im Lohnsystem einzuführen. Dieser Forderung der Kantonsrätin sind die Solothurner Spitäler (soH) aber bereits zuvorgekommen: Entschädigungen, die auf der Anzahl Behandlungen basieren, sollen abgeschafft werden. Und die Spitäler liefern neuerdings auch Angaben zu den Kaderärztelöhne im Jahresbericht. Dies geschah auf Druck der Politik, ist die SVP-Kantonsrätin aus Riedholz überzeugt.
Es stellt sich abschliessend die Frage, ob der Kanton in seiner Mehrfachrolle überhaupt ein ernsthaftes Interesse daran hat, in die Lohnsysteme der Kaderärzte limitierend einzugreifen? Auch der Kanton Bern machte klar, weder Obergrenzen noch Boni-Verbote einführen zu wollen. Nein, glaubt Stephanie Ritschard. Denn die Kantone verdienen ja bekanntlich auch an ihren Spitälern. Das Ping-Pong-Spiel zwischen Kanton und Bund dürfte also in eine weitere Runde gehen.

Stephanie Ritschard lässt nicht locker

Die Solothurner Kantonsrätin will die Situation jedenfalls mit Argusaugen weiter beobachten. Und sie will auch verschlungene Wege für allfällige Honorarzahlungen aufdecken. Es gehe hier um öffentliche Steuergelder, sagt sie. Es dürfe nicht der Eindruck einer Bereicherungsmentalität entstehen. 
Es sei wichtiger, in der Öffentlichkeit eine Vertrauenskultur heranwachsen zu lassen. Klar: Ärzte sollten gut verdienen, findet die Vizepräsidentin der Solothurner Sozial- und Gesundheitskommission. Aber nicht so viel. Die höchste Entschädigung eines Kaderarztes der soH betrug im vergangenen Jahr knapp 783'000 Franken, 2017 lag er bei 886'710 Franken.
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