Wann ist ein Spitalunternehmen erfolgreich?

Drei Chefs von Spitalunternehmen haben darauf teils sehr unterschiedliche Antworten.

, 25. Januar 2019 um 09:25
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Wann ist ein Spital erfolgreich? Da muss Dino Cauzza, seit letztem Mai CEO der privaten Spitalgruppe Swiss Medical Network, nicht lange überlegen: «Am EBITDA.» Die englische Abkürzung steht für «Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen auf Sachanlagen und Abschreibungen». Dieser Wert drücke nicht alles, aber sehr viel aus, ist Cauzza überzeugt.
In der Schweizer Spitalbranche hat sich die Meinung durchgesetzt, dass die EBITDA-Marge – gemessen am Umsatz – bei über 10 Prozent liegen soll. Andernfalls drohe ein Spital unter anderem, notwendige Investitionen nicht tätigen zu können. Listenspitäler erreichen solche EBITDA-Werte jedoch kaum; jene der SMN, die 17 Kliniken betreibt, liegt bei 18 Prozent. Weil da manche Arztsaläre noch nicht abgezogen worden seien, liege der effektive Wert bei 13 bis 14 Prozent, so der CEO.
Eine grundsätzlich andere Meinung als Cauzza hat Bruno Guggisberg, der seit acht Jahren der STS AG vorsteht, welche die Spitäler in Thun und Zweisimmen betreibt. «Klar sind die Strategien, das Angebot und die Finanzen wichtig», sagt er am 8. DRG-Forum in Bern. Und da kämpfe man in Thun wie überall mit den Rahmenbedingungen. 2017 lag der EBITDA der STS AG zwar beinahe bei 10 Prozent. Im vergangenen Jahr sei der Wert aber gesunken, sagt Guggisberg. Doch viele Spitäler scheiterten an etwas ganz anderem: nämlich an der Unternehmenskultur, der internen Stimmung.
Ohne Lohnerhöhung kein Pflegepersonal
Ein Spital zu führen, sei nicht einfach. Alle Berufsgruppen hätten zwar theoretisch gemeinsame Ziele, so Guggisberg. «In der Praxis gehen diese aber stark auseinander.» Um alle Berufsgruppen zu integrieren, habe man die Geschäftsleitung unter anderem um die Chefärzte erweitert. Nun habe man eine grosse, 13-köpfige Geschäftsleitung. Das möge theoretisch wenig sinnvoll erscheinen, funktioniere in der Praxis aber gut. 
Doch bei aller Einbindung: Die Ärztehonorare sind auch in Thun ein Thema. Gerade in schwierigen Geschäftsjahren könnten diese für Spannungen sorgen, sagt Guggisberg. Die Patientenbetreuung habe dadurch bisher nicht gelitten. Aber man müsse wachsam sein. Und in der Pflege kommt man in Thun nicht um die eine oder andere Lohnerhöhung herum, um neues Personal zu finden. 
Chefarzt im Jobsharing
«Künftig werden nicht zuletzt jene Spitäler erfolgreich sein, die über genügend Personal verfüge», sagt der CEO des Bieler Spitalzentrums, Kristian Schneider. Man müsse unbedingt schauen, dass die Branche attraktiv bleibe. Es gelte auch, neue Anstellungsmodelle zu finden, sagt Schneider: «Ich freue mich, wenn wir dereinst das erste Jobsharing auf einem Chefarztposten haben».
Und dafür zu sorgen, dass es dem Personal gut gehe, sei grundsätzlich wichtig. Schneider weiss, wovon er spricht. Unter seinen Vorgängern wies das Bieler Spital eine überdurchschnittlich hohe Fluktuation auf
«Spitäler müssen aufhören, nur Spitäler zu sein»
Um erfolgreich zu sein, müssten Spitäler aufhören, nur Spitäler zu sein, so Schneider. Sie müssten Teil eines - mindestens regionalen - Versorgungssystems werden. Derzeit verlören die mittleren Spitäler in zwei Richtungen Patienten – an Zentrumsspitäler und an neue ambulante Angebote. Letztere müssten die Spitalgruppen selber anbieten – ebenso Spitex, Psychiatrieangebote aber auch Telemedizin. Damit propagiert der Bieler Spitaldirektor ein Konzept, wie es der Kanton Graubünden ähnlich bereits kennt.
Ganzer Bereich innert drei Wochen ausgelagert
Dino Cauzza findet derweil, dass der Schweizer Markt zu wenig kompetitiv sei. Auch nicht erfolgreiche Unternehmen könnten am Markt bestehen. Ebenso spielten die Kosten von Angeboten keine Rolle - auch das viele Spitäler die Patientenbedürfnisse nicht erkennen würden. «Der Markt spielt überhaupt nicht.» 
Viele öffentliche Spitäler seien zudem zu träge. Bei der Swiss Medical Network, sei das anders. Hier habe Eigentümer Antoine Hubert das Sagen: «Wenn er etwas sagt, dann rennen alle.» Das helfe auch bei der Straffung der Prozesse. «Als wir vor Kurzem den ganzen Hausdienst outgesourct haben, vergingen von der ersten Sitzung bis zur Umsetzung drei Wochen.»
STS-AG-CEO Guggisberg schaut daraufhin verblüfft zu seinem Kollegen Cauzza neben ihm auf der Bühne – und auch etwas bewundernd. Und so bleibt im grossen Auditorium des Zentrum Paul Klee in Bern die Frage, ob solche Auslagerungen denn der von Guggisberg zuvor beschworenen Stimmung in der Belegschaft zuträglich wären.
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