Wer den Genolier-Kliniken Apparate liefern will, muss sich zugleich dazu verpflichten, Sponsoringgelder zu bezahlen:
«Sonntagszeitung» und
«Le matin dimanche» schildern in ihren aktuellen Ausgaben ein diskretes Kickback-System bei der zweitgrössten Spitalgruppe der Schweiz.
Konkret beschrieben wird ein Fall, bei dem ein – ungenannter – Lieferant von Medizinalgeräten einen Auftrag für 1,2 Millionen Franken erhielt; der Vertrag umfasste Operationstische und Anästhesiegeräte. Die Abmachung sah jedoch auch vor, dass der Auftragnehmer 633'000 Franken wieder an die Genolier-Gruppe zurückerstattete – deklariert als Sponsoring.
Erst teurer, dann Geld zurück
In einem weiteren Fall erhielt Genolier zwei Röntgenbildverstärker für 280'000 Franken, nachdem zuvor nur 120'000 Franken pro Stück ausgehandelt worden waren. Zugleich sah der Vertrag aber vor, dass der Lieferant der Genolier-Gruppe 45'000 Franken an Sponsoring-Beiträgen erstattete.
Genolier Swiss Medical Network ist die zweitgrösste Spitalkette der Schweiz. Sie gehört zur börsenkotierten
Aevis-Holding und umfasst mittlerweile 15 Privatspitäler mit 2'750 Beschäftigten.
Buchstabe verletzt? Oder nur der Geist?
Die beschriebenen Deals stünden in einem gewissen Widerspruch zum
«Code of Conduct» der Schweizer Spitäler. Dieser verlangt unter anderem, dass der Einkauf «von Sponsoringbeiträgen der Heilmittelindustrie strikte zu trennen» sei. «Die finanzielle Unterstützung für Projekte, für die Fort- und Weiterbildung sowie für den Kauf von Geräten darf nicht durch die Erhöhung der Einstandspreise indirekt wieder wettgemacht oder vom Einkauf von Arzneimitteln abhängig gemacht werden.»
Allerdings ist sowohl in Gesetz wie in den Branchen-Regeln nicht von den Medizinalgeräten die Rede – man könnte also lediglich behaupten, hier werde der Geist des Anliegens verletzt, nicht der Buchstabe.
Was wäre der Sinn der Sache?
«Sonntagszeitung» und «Le Matin dimanche» liegt laut den Artikeln «ein ganzes Paket» von Dokumenten vor, das zeigt, wie Genolier Einkauf und Sponsoringverpflichtungen verknüpfe.
Genolier-CEO Beat Röthlisberger bezeichnete die Anschuldigungen in der «Sonntagszeitung» als falsch: Sie stützten sich auf ungenaue Informationen. Die von Genolier beschafften Sponsorengelder würden für Medizinkonferenzen und interne Schulungszwecke verwendet. Die Sponsoren seien dabei klar gekennzeichnet.
Eine Frage lautet natürlich: Was wäre der Zweck dieses Hin und Her?
- Eine These besagt, dass die buchungstechnischen Übungen der Steueroptimierung dienen könnten.
- Oder dass die höheren Kosten, die laut den Abmachungen bei den Spitälern selber anfallen würden, jeweils in den Verhandlungen um die Tarife von Vorteil seien.
- Oder die Übungen könnten der Aufhübschung der Bilanz dienen: Die Spitäler selber weisen höhere Kosten auf, während die Sponsoring-Zustüpfe auf Holding-Ebene als Einnahmen ausgewiesen werden können.
«Wir werden die Situation überprüfen»
Dem widerspricht Genolier mit dem Argument, im Rahmen der Grundversicherung basierten die Tarife nicht auf den Kosten der Spitäler.
Und zur Idee, dass hier Bilanzkosmetik betrieben werde, antwortet Genolier, das Unternehmen werde im Einklang mit den kantonalen und eidgenössischen Gesetzen geführt. Die Finanzen der Gruppe würden kontrolliert und publiziert.
Der Spitalverband H+ will ein Auge auf Genolier werfen: «Wir werden die Situation überprüfen», sagte Bernhard Wegmüller von H+ gegenüber
«Le matin dimanche». «Die politische Lage ist in solchen Fragen sehr sensibel.»
In einem
Communiqué verwahrte sich Genolier am Sonntagabend nochmals gegen die Berichte der Sonntagspresse und bezeichnete diese als «diffamierend». Die Artikel basierten auf falschen Anschuldigungen sowie auf «ungenauen Informationen», die aus dem Kontext gerissen seien.