Inselspital: Management by Känguru

Der Gesundheitsökonom Heinz Locher äussert deutliche Kritik an der Strategie im Spital Netz Bern.

, 15. Juni 2015 um 15:04
image
Das Inselspital will zu hoch hinaus: Dieses Fazit könnte man aus einem Interview ziehen, welches Heinz Locher dem «Bund» gegeben hat. Der Gesundheitsökonom und ehemalige Curafutura-Chef kritisiert, dass das Inselspital «eine zu ehrgeizige Strategie» verfolgt, «die dem begrenzten Potenzial des Kantons Bern keine Rechnung trägt».
Oder anders: «Es wird Management by Kangaroo betrieben: grosse Sprünge mit leerem Beutel.»
Denn andere Häuser mit einer ähnlichen Spitzenmedizin-Strategie hätten viel grössere Standortvorteile: Das Universitätsspital Zürich könne eng mit der ETH zusammenarbeiten, zudem sei die Finanzkraft in  Zürich viel höher. Das Universitätsspital Lausanne habe ebenfalls eine EPFL zur Seite, während Basel die Pharmaindustrie nebendran habe. 

«Universitär ist nicht gleich Spitzenmedizin»

In dieser Situation bräuchte «die Insel» eine Strategie, die den engeren Rahmenbedingungen auch Rechnung trage – und den Bedürfnissen der Bevölkerung gleichwohl besser entsprechen würde.
Beispielsweise, so Heinz Locher, könnte sich das Haus auf die medizinischen Bedürfnisse der alternden Bevölkerung ausrichten. «Dieses Modell wäre zukunftsgerichtet und auch finanziell tragbar. Denn universitär ist nicht gleichbedeutend mit Spitzenmedizin, sondern mit Innovation.» 

Ausgerechnet die Altersmedizin

Diese gibt es aber auch in der Grundversorgung oder bei der Behandlung von chronisch Kranken mit Mehrfachleiden. «Dass die Insel gerade die Altersmedizin fallen liess, ist denn auch mein Hauptvorwurf», so Locher im «Bund»-Interview.
Heinz Locher hat als selbstständiger Gesundheitsökonom unter anderem Mandate des USZ und des Herzzentrums am Berner Salemspital inne. In den 1980er-Jahren war er für die Spitalplanung des Kantons Bern zuständig gewesen. Und so sieht er denn die aktuelle Führung des Inselspitals kritisch: Sie rede gern davon, «international führend» zu sein, doch dies treffe schlicht nicht zu.  
Problematisch sei insbesondere der Zusammenschluss mit dem Spital Netz Bern – oder genauer: die Art des Zusammenschlusses.

Probleme im kommunikativen Bereich

Da sei das Zieglerspital mit einem Schwerpunkt in der Altersmedizin vereinigt worden mit einer Organisation, in der die Altersmedizin einen kleinen Stellenwert besitzt. Diese Geringschätzung sei im Fusionsprozess immer wieder zum Ausdruck gekommen. 
Im kommunikativen Bereich sei offenbar einiges schief gelaufen – und die grossen Personalverluste in Ziegler- und Tiefenauspital dürften ein Ausdruck davon sein, so Locher: «Den Verantwortlichen ist die Kontrolle völlig entglitten. Man hat Leute nicht ernst genommen, sie vergrault und dadurch massiv Ressourcen verloren.»

  • Das ganze Interview: «Die Strategie des Inselspitals ist zu ehrgeizig», in: «Der Bund», 15. Juni 2015

Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Co-Creation im Gesundheitswesen

Zippsafe revolutioniert mit seinen Produkten das Gesundheitswesen. Ein platzsparendes Spindsystem optimiert Personalumkleiden, während ZippBag und ZippScan den Umgang mit Patienteneigentum verbessern. Erfahren Sie, wie die Produkte durch enge Zusammenarbeit mit Schweizer Spitälern entwickelt wurden.

image

Effiziente Desinfektion: Plastikfrei & nachhaltig

Die Bacillol® 30 Sensitive Green Tissues bieten nachhaltige und effektive Desinfektion. Sie bestehen aus 100% plastikfreien Cellulosetücher und reduzieren CO₂-Emissionen um 25% pro Packung. Mit hoher Reissfestigkeit, grosser Reichweite und Hautverträglichkeit sind sie optimal für Hygiene und Umwelt.

image

Spitäler FMI suchen neue CEO

Daniela Wiest verlässt die Berner Oberländer Gesundheitsgruppe nach gut drei Jahren.

image

Nachhaltig: Bacillol® 30 Sensitive Green Tissues

HARTMANN erweitert sein Portfolio um die nachhaltigen Bacillol® 30 Sensitive Green Tissues. Die Tücher werden aus nachwachsenden Rohstoffen gefertigt und vereinen hohe Wirksamkeit, Materialverträglichkeit und Hautfreundlichkeit. Dabei werden Plastikabfall sowie CO₂-Emissionen reduziert.

image

Jede Notfall-Konsultation kostet 460 Franken

Notfallstationen werden immer öfter besucht. Eine Obsan-Studie bietet nun Zahlen dazu. Zum Beispiel: 777'000 Personen begaben sich dreimal in einem Jahr auf den Spital-Notfall.

image

Neuer Leistungsauftrag für die Oberwaid

Die Klinik Oberwaid ist neu auch mit muskuloskelettaler Rehabilitation auf der Spitalliste der Kantone St. Gallen, Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden. So kann die Oberwaid auch in diesem Fachgebiet grundversicherte Patienten behandeln und leistet einen wichtigen Beitrag in der Region.

Vom gleichen Autor

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.