Gewalt gegen Spitalpersonal: Insel Gruppe will konsequenter durchgreifen

Die Täter sind im Schnitt 33 Jahre alt, 57 Prozent sind Schweizer: Das Inselspital hat Zahlen darüber, wer im Notfall ausrastet.

, 1. Februar 2017 um 13:45
image
  • spital
  • notfall
  • arbeitswelt
  • insel gruppe
In den drei Jahren 2012 bis 2015 registrierte das Universitären Notfallzentrum des Inselspitals 63 Fälle von Gewalt gegen Mitarbeitende. Die Hälfte der Übergriffe beinhalteten physische Gewalt. Jeder zweite gewalttätige Patient stand unter Alkoholeinfluss. 
Diese Zahlen wurden nun in der SRF-Sendung «10 vor 10» veröffentlicht. Wie die Insel Gruppe weiter meldet, gab es im letzten Jahr 20 Aggressions-Meldungen und 642 Securitas-Einsätze. Im Jahr davor, 2015, waren nur 372 Securitas-Einsätze benötigt worden.
image
Zum Beitrag: «Gewalt in Spitälern», SRF 1, «10 vor 10», Erstausstrahlung 31. Januar 2017. Dauer: 4:23 Minuten  |
Aggressives Verhalten gegenüber dem Spitalpersonal habe deutlich zugenommen, bestätigte Aristomenis Exadaktylos in der TV-Sendung. 
«Nicht nur bei uns auf dem Notfall sondern auch auf anderen Notfallstationen sehen wir in den letzten Jahren eine Zunahme von Gewalt jeglicher Art», sagte der Chef der Insel-Notfallstation. «Betroffen ist vor allem das Pflegepersonal.»

Notrufe auch aus Genf

Zeichnet sich hier tatsächlich eine Tendenz ab? Im letzten Herbst gingen die Genfer Unikliniken HUG jedenfalls auch mit einer Alarm-Meldung an die Öffentlichkeit: Spitaldirektor Betrand Levrat präsentierte ein Massnahmenpaket, mit dem die Aggression von Patienten und Angehörigen gegenüber den Angestellten gedämpft werden soll.
Laut den damals vorgelegten Zahlen wurden 99 Angestellte des Unispitals in den letzten drei Jahren Opfer von gewalttätigen Angriffen, Drohungen mit Waffen oder schwerer verbaler Aggression. Eindeutig sei die Zahl der Fälle angestiegen. Registrierte die HUG-Direktion im Jahr 2013 noch 20 solcher Übergriffe, waren es 2015 schon 32. Und im Jahr 2016 notierte man alleine im ersten Halbjahr 23 Gewalts-Fälle. 
Auch die Unispitäler von Basel und Zürich haben inzwischen einen fixen Sicherheitsdienst für die Notfallstationen, andere Häuser haben dort zumindest einen Knopf zur raschen Alarmierung von Sicherheitskräften. Und in vielen Spitälern sind inzwischen Richtlinien oder Schulungen (Beispiel: USZ) für den Umgang mit Gewalt gängig geworden.

Im Schnitt 33 Jahre alt

Die erwähnte Dissertation aus Bern zeigt, dass aggressive Patienten oft unter Alkohol- oder Drogeneinfluss stehen. Ferner seien die Täter im Durchschnitt 33 Jahre alt. 57 Prozent sind Schweizer.
«Wir haben es mit Angriffen mit Reizgas zu tun oder mit Schlägen und Würgattacken», sagte Aris Exadaktylos in der SRF-Sendung. «Vor allem für junges und weibliches Personal sind solche Angriffe oft traumatisierend.» 
  • Mehr: Gewalt gegen Spitalpersonal: «An manchen Tagen ist es zum Heulen»
Im Inselspital sind nun – neben Selbstverteidigungskursen – auch bauliche Massnahmen geplant: Der Warteraum und die Behandlungszimmer auf der Notfallstation sollen demnächst umgestaltet werden. Das Spital erhofft sich eine stressfreiere und aggressionshemmende Wirkung.
Ein weiterer Schritt: Die Insel Gruppe will Angriffe aufs Personal in Zukunft auch konsequenter ahnden. Bisher wurde in rund 20 Prozent der Fälle Strafanzeige eingereicht.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Berner Forschungszentrum für Medizin wird teurer

Das neue Forschungs- und Ausbildungszentrum Medizin auf dem Berner Inselareal kostet jetzt 95 Millionen Franken mehr als ursprünglich erwartet. Das sind die Gründe.

image

Kantonsspital kauft Aktien einer Digital-Plattform

Was Medinside vor einer Woche angekündet hat, ist nun geschehen: Das erste öffentliche Spital steigt bei «Compassana» ein.

image

Was zeichnet das KSA als Arbeitgeberin aus?

Die Employer Value Proposition (EVP) liefert Antworten auf die Frage wofür das KSA als Arbeitgeberin steht und was sie einzigartig macht. Lesen Sie im Interview mit Fabio Blasi, Leiter Sourcing, Employer Branding und Development Kantonsspital Aarau KSA, auf welchen vier Säulen die EVP basiert.

image

So will das Kantonsspital Graubünden Gewaltopfern helfen

Das Kantonsspital Graubünden in Chur betreibt neu die Sprechstunde «Forensic Nursing». Das Angebot ist das erste dieser Art in der Deutschschweiz.

image

Kantonsspital Winterthur lässt Gender-Leitfaden nun doch fallen

Das Kantonsspital Winterthur zieht die gendergerechte Sprachempfehlung zurück. Der Druck ist wohl zu gross geworden.

image

Christian Britschgi wechselt als Chefarzt nach Winterthur

Christian Britschgi leitet künftig die medizinische Onkologie und Hämatologie im Kantonsspital Winterthur.

Vom gleichen Autor

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.

image

Wer will bei den Helios-Kliniken einsteigen?

Der deutsche Healthcare-Konzern Fresenius sucht offenbar Interessenten für den Privatspital-Riesen Helios.

image

Deutschland: Investment-Firmen schlucken hunderte Arztpraxen

Medizin wird zur Spielwiese für internationale Fonds-Gesellschaften. Ärzte fürchten, dass sie zu Zulieferern degradiert werden.