Uniprofessorin: Ärztinnen sollten ihre Karriere «strategisch planen»

Um mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen, spannen die Medizinische und die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Universität Zürich zusammen und finanzieren eine Gastprofessorin. Diese empfiehlt dem Nachwuchs mehr Zielstrebigkeit.

, 10. Mai 2016 um 07:05
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In der Medizin ist es wie in der Wirtschaft: Viele Frauen gehen auf dem Weg nach oben verloren. «Leaking pipeline» heisst das Phänomen. An der Universität Zürich ist die Mehrheit der Medizinstudierenden weiblich. 57 Prozent sind es genau. Auf Stufe Lehrstuhl und Klinikdirektion sinkt der Frauenanteil dann auf knapp 14 Prozent. 

Führungsausbildung absolvieren

Um die Frauen im beruflichen Aufstieg zu fördern, haben die Medizinische und die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Universität Zürich eine Gastprofessur geschaffen (siehe Box «Pionierin der Medizin»). 
Ulrike Attenberger heisst die Gastprofessorin, die junge Medizinerinnen für die Übernahme von Führungsaufgaben in der Medizin sensibilisieren soll. Der Nachwuchs soll etwa ermuntert werden, eine Führungsausbildung wie ein Executive MBA Programm zu absolvieren. 

In Leitungspositionen werden Weichen gestellt

Ulrike Attenberger ist Professorin an der Universität Heidelberg und stellvertretende Direktorin am Institut für Klinische Radiologie und Nuklearmedizin. In einem Interview mit den «USZ News» erklärt sie, warum es so wichtig ist, dass Frauen Führungspositionen übernehmen: Weil in Leitungspositionen Weichen in der strategischen Ausrichtung von Forschung, Lehre und Krankenversorgung gestellt werden. 
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«Quote könnte helfen»: Gastprofessorin Ulrike Attenberger (Bild: Raffler, Mannheim)

Podiumsdiskussion 

Am 10. Mai 2016 um 18 Uhr findet an der Universität Zürich eine Podiumsdiskussion zum Thema «Chancengleichheit und strategische Laufbahnplanung in der Medizin» statt. Ulrike Attenberger, Gastprofessorin der Universität Zürich, hält ein Impulsreferat. Weitere Informationen finden Sie hier

Zuerst Ausbildung, dann Familiengründung

Wer es als Frau auf einen Lehrstuhl schaffen will, muss laut Attenberger die Laufbahn strategisch planen. «Für mich war schon als Studentin klar, dass ich erst meine Facharztweiterbildung abschliessen wollte, bevor ich an Familiengründung denke», sagt sie. Ihr ist in nur 17 Jahren der Sprung von der Abiturientin über die Oberärztin bis zur aktuellen Führungsposition gelungen.
Mangelnde Strategie und Zielstrebigkeit sind für Attenberger Gründe für die geringe Vertretung von Frauen in Führungspositionen. Sie diagnostiziert aber auch Mängel im Selbstvertrauen: «Vielen Medizinerinnen fehlt das Zutrauen, eine Leitungsposition zu übernehmen, selbst wenn sie exzellent ausgebildet sind.» Mit ihrer oft zu selbstkritischen und perfektionistischen Veranlagung behinderten sich Frauen selbst auf ihrem Weg nach oben. 

Gesellschaftliche Verantwortung

Um Frauenkarrieren zu fördern, sind laut Attenberger mehr Vorbilder nötig. Diese könnten jüngere Kolleginnen motivieren, eine akademische Laufbahn einzuschlagen und bis zur Professur durchzuhalten. 
Attenberger appelliert auch an die gesellschaftliche Verantwortung der Studentinnen. Gerade im Hinblick auf den demographischen Wandel sollen sich Ärztinnen bewusst sein, dass mit dem Abschluss des Medizinstudiums auch ein Auftrag zur Aufrechterhaltung der Krankenversorgung bestehe. 

Habilitation verschafft Zugang zu Führungsposition

Um Frauen in der Arbeitswelt zu halten, ist es wichtig, sie über Förderprogramme eine gewisse Zeit für die Forschung freizustellen oder ihnen mit Stipendien zu ermöglichen, nach der Facharztausbildung eine Familie zu gründen und gleichzeitig eine Habilitation zu schreiben. Die Habilitation ist für Attenberger die «Eintrittspforte für eine Leitungsfunktion». Im Gegensatz zu früher wehrt sie sich auch nicht mehr gegen eine Quote: Zumindest für eine gewisse Zeit seien Quotenregelungen nötig. 

Pionierin der Medizin

Anna Fischer-Dückelmann (1856-1917) studierte von 1890 bis 1896 an der Universität Zürich Medizin und promovierte auch dort. Sie war eine der ersten Frauen, die Medizin studierten, und hatte als Ärztin und Naturheilkundlerin einen grossen Einfluss auf das Rollenverständnis der Frau in der Gesellschaft. Ihr bekanntestes Werk ist das Nachschlagewerk «Die Frau als Hausärztin», welches eine Millionenauflage erreichte. 
Zusammen mit der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät finanziert die Medizinische Fakultät der Universität Zürich die Gastprofessur Anna Fischer-Dückelmann an der Medizinischen Fakultät. Ziel ist es, junge Medizinerinnen für die Übernahme von Führungsaufgaben im medizinischen Umfeld zu sensibilisieren und sie zu ermuntern, eine Führungsausbildung zu absolvieren.
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