«Food - Mood»: Wie das Essen die Psyche beeinflusst

Bestimmte Nahrungsmittel wirken sich positiv aufs Gemüt aus. Allerdings hängt der Effekt in hohem Mass vom Alter ab, wie neue Forschungsergebnisse zeigen: Jüngere Menschen sollten Fleisch essen, ältere mehr Früchte und Gemüse.

, 19. Dezember 2017 um 07:53
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Ein Blick auf die Waage beantwortet gerade an den Festtagen die Frage nach den physischen Auswirkungen des Essverhaltens sehr klar: Mehr Nahrung, mehr Gewicht. Wie aber steht es um die psychischen Folgen der Schlemmereien? 
Forscher haben dieses Jahr neue Erkenntnisse gewonnen und in verschiedenen Studien (hierhier und hier) gezeigt, dass der Verzehr von Früchten, Gemüse und Fleisch schon innerhalb von zwei Wochen die mentale Verfassung aufhellen kann.  
Neurowissenschaftler der State University of New York at Binghamton weisen nun auf einen wichtigen zusätzlichen Aspekt hin, nämlich dass diese Wirkung altersabhängig ist: Jüngere Erwachsene reagieren stark auf Fleisch - wobei es egal ist, ob es sich um Geflügel oder rotes Fleisch handelt. Bei älteren Erwachsenen wirkt sich vor allem der Verzehr von Früchten und Gemüse positiv aufs Gemüt aus. Die Ergebnisse wurden im Fachjournal «Nutritional Neuroscience» veröffentlicht. 
«Assessment of dietary fators, dietary practices and exercise on mental distress in young adults versus matured adults: A cross-sectional study» - in: «Nutritional Neuroscience», Dezember 2017
Nahrungsmittel beeinflussen grundsätzlich die chemischen Vorgänge im Gehirn. Fleischkonsum führt zu vermehrter Ausschüttung von Serotonin und Dopamin - jenen Substanzen, die gemeinhin als Glücks-Botenstoffe gelten. Früchte und Gemüse liefern nicht nur Vitamine, sondern auch Antioxidantien, die die schädigenden freien Radikale in Schach halten. 
Die neue Studie berücksichtigt nun den zentralen Aspekt, dass sich die Gehirnstruktur im Lauf des Lebens verändert. «Die Hirnreifung ist erst mit 30 abgeschlossen, was die unterschiedliche emotionale Kontrolle und Resilienz zwischen jungen und älteren Erwachsenen erklärt», heisst es. Als Folge davon wirkt sich auch die Ernährung unterschiedlich auf die mentale Verfassung aus.

U30: Fleisch und Sport

Um die Mechanismen zu untersuchen, verschickten die Wissenschaftler auf Social Media-Plattformen auf der ganzen Welt «Food-Mood»-Fragebögen. Die Teilnehmer wurden in zwei Gruppen aufgeteilt, die 18- bis 29jährigen und die über 30jährigen. Anhand der Antworten untersuchten Studienautorin Lina Begdache und ihre Kollegen den Zusammenhang zwischen Ernährung, Fitness und der mentalen Verfassung in beiden Gruppen. 
Sie fanden heraus, dass ein vermehrter Konsum von Geflügel und rotem Fleisch bei den jungen Erwachsenen die Stimmung aufhellte, nicht aber bei älteren Erwachsenen. Der Effekt ist vergleichbar mit regelmässigem körperlichem Training, das ebenfalls zur Ausschüttung der Botenstoffe führt. «Junge Erwachsene, die weniger als dreimal pro Woche Fleisch essen und weniger als dreimal pro Woche Sport treiben, zeigten erheblich mehr psychologische Störungen als die anderen», so Lina Begdache. 

Ü30: Früchte und Gemüse

Mit steigendem Alter hat Fleisch nicht mehr die gleiche Wirkung. Hingegen zeigt sich klar, dass ältere Erwachsene für das psychische Wohlbefinden vermehrt auf Nahrungsmittel wie Früchte und Gemüse angewiesen sind.. 
Grund dafür sind die Antioxidantien, die die Zellen vor freien Radikalen schützen. Diese stören die Hirnleistung und erhöhen so das Risiko für psychischen Stress.
Je höher die Zufuhr von Früchten und Gemüse, desto besser wurde die psychologische Verfassung der älteren Erwachsenen. Die Alterung führt zu einem Anstieg der freien Radikalen, was den Bedarf nach Antioxidantien sukzessive erhöht. 

Kaffee macht Stress

Die Studie zeigt auch, dass sich die mentale Verfassung der älteren Menschen durch Verzicht auf Kaffee und kohlehydratreiche Nahrungsmittel verbessert. Diese Nahrungsmittel aktivieren das Nervensystem und können so ebenfalls zu Stress führen. 
Die Wissenschaftler kommen zum Schluss, dass es im Alter Anpassungen der Ernährung braucht, zumal die Fähigkeit, mit Stress umzugehen, im Alter ohnehin nachlässt. Wenn dann noch Nahrungsmittel eingenommen werden, die im Gehirn Stressreaktionen auslösen, kann das aufs Gemüt schlagen. 
Das Team will nun untersuchen, ob sich Unterschiede im Essverhalten nicht nur bei Altersgruppen, sondern auch bei den Geschlechtern zeigt, da Männer und Frauen unterschiedliche Hirnstrukturen haben. 
  • Zur Mitteilung der Binghamton University
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