Die Zahl der Corona-Fälle sagt nichts aus

Länder mit vielen Tests haben viele Infizierte; Länder mit wenig Tests haben wenig Infizierte - und doch berichtet das «Schweizer Fernsehen» fast täglich über die Entwicklung der Corona-Fälle. Die publizierten Zahlen führen in die Irre.

, 5. April 2020 um 07:00
image
  • forschung
  • trends
  • coronavirus
Die «Tagesschau» des Schweizer Fernsehens berichtete am Samstagabend, wie Argentinien im Vergleich etwa zu Brasilien bisher von einer grossen Infizierungswelle verschont blieb. «Nur» 1353 bestätigte Ansteckungen solls in Argentinien geben; in Chile seien es 3737 und in Brasilien gar 9216 Ansteckungen.
Seit Tagen nun vermeldet das Schweizer Fernsehen die Zahl von infizierten Corona-Patienten der verschiedenen Länder und unterstreicht die Entwicklung womöglich noch mit Diagrammen, deren Kurve steil nach oben weist.
Dabei wurde schon verschiedentlich darauf hingewiesen, dass solche Zahlenvergleiche nichts aussagen und höchstens zu falschen Schlüssen verleiten. Je mehr Personen getestet werden, desto grösser die Wahrscheinlichkeit, auf infizierte Individuen zu stossen.

«Ländervergleiche sind Unsinn»

Infosperber gehört zu jenen Medien, die regelmässig auf diese Irreführung hinweisen: «Vergleiche der Infektionsraten zwischen einzelner Länder sind Unsinn, weil die Dunkelziffern der nicht Erfassten sehr unterschiedlich hoch sind», schrieb Urs P. Gasche bereits am 17. März.
Doch das Schweizer Fernsehen hält an nichts sagender Praxis fest. Urs. P. Gasche, Herausgeber des infosperbers und selber ein ehemaliger Fernsehmann, verlangte von der Tagesschau eine Erklärung. Regula Messerli, die Leiterin, verteidigt die fast täglich ausgestrahlte Kurvengrafik. «Die Zuschauerinnen und Zuschauer können sich dank dieser Grafik ein ungefähres Bild der Ausbreitung machen.»
Eben gerade nicht. Infosperber zeigte das an folgendem Beispiel: In Japan mit 127 Millionen Einwohnern wurden bis zum 27. März total nur 25'000 Tests durchgeführt. In der Schweiz mit 8,8 Millionen waren es bis Ende März 130'000. «Kein Wunder», so Gasche, «figurierte Japan auf der häufig verbreiteten Rangliste mit nur 2178 Fällen und 57 Verstorbenen gast ganz am Schluss.»
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Die Schweiz hat einen weiteren Gesundheits-Hub

Mit an Bord ist auch das Kantonsspital St. Gallen. Entstehen sollen neue Produkte vor allem in den Bereichen Wearables, Gesundheitsmonitoring und Prävention.

image

Zu Besuch bei Viktor-Gewinnerin Chantal Britt

Seit vier Jahren leidet die Präsidentin von Long-Covid-Schweiz unter postviralen Beschwerden. Was sie am meisten stört: Dass die Krankheit nicht ernsthaft erforscht wird.

image

«Hört auf mit dem Begriff ‚Long Covid‘»

Natürlich gibt es das Syndrom. Aber laut einer neuen Studie unterscheidet es sich nicht von anderen postviralen Leiden.

image

Insel-Chirurg mit dem Håkan Ahlman Award ausgezeichnet

Cédric Nesti wurde von der Europäischen Gesellschaft für Neuroendokrine Tumoren für eine Publikation über die Gefährlichkeit von Lymphknotenmetastasen.

image

Schneller gegen Schlaganfall: KSA und ETH entwickeln magnetischen OP-Roboter

Mit der neuen Technologie soll das Eingriffs-Tempo deutlich erhöht werden.

image

Luzern: Ende des Ärzte- und Pflegemangels in Sicht?

Im vergangenen Jahr wurden 10 Prozent mehr Bewilligungen für Gesundheitsberufe erteilt.

Vom gleichen Autor

image

«Genau: Das Kostenwachstum ist kein Problem»

Für FMH-Präsidentin Yvonne Gilli ist klar: Es braucht Kostenbewusstsein im Gesundheitswesen. Aber es braucht keine Kostenbremse-Initiative.

image

«Kein Mensch will Rationierungen»

Für Santésuisse-Präsident Martin Landolt würde die Kostenbremse-Initiative nicht zu Qualitätsverlust führen. Solange die Bundespolitik ihre Hausaufgaben macht.

image

«Die Spitäler sind selber schuld»

Santésuisse-Präsident Martin Landolt über defizitäre Spitäler, den Tardoc-Streit, ambulante Pauschalen und unnatürliche Kooperationen.