Covid-Impfung: Auf den grossen Ansturm folgt die Überzeugungsarbeit

Die Bereitschaft zur Covidimpfung bei den Noch-nicht-Geimpften ist eingebrochen. Bis jetzt sind erst 45% der Schweizer Bevölkerung zweimal und 8% einmal geimpft. Die anderen werden früher oder später die Covid-Erkrankung durchmachen. Sie gefährden damit die erst gerade wiedergewonnenen Freiheiten.

, 24. Juli 2021 um 06:48
image
  • felix huber
  • coronavirus
  • impfung
  • gastbeitrag
In der täglichen Sprechstunde stellen wir eine erschreckende Gleichgültigkeit der nicht-Covid-geimpften Personen fest. Viele wähnen sich in einer trügerischen Sicherheit und glauben, von der Herdenimmunität profitieren zu können. Diese Herdenimmunität wird es nicht geben. Andere wollen einfach noch etwas zuwarten und beobachten, ob die Impfstoffe tatsächlich so sicher sind. Und dann gibt es die Covid-Leugner, die jetzt nicht mehr zurückkrebsen können. Es kursieren die wildesten und absurdesten Verschwörungstheorien über die Covid-Impfung, die für jeden Naturwissenschaftler eine Beleidigung sind.
In den nächsten Wochen wird der Druck sich impfen zu lassen, kontinuierlich zunehmen. Betriebe werden immer häufiger ein Zertifikat verlangen, die Einreise in andere Länder wird noch schärfer kontrolliert werden und der Besuch von Veranstaltungen und Restaurants wird in vielen Ländern von einem Zertifikat abhängen. Irgendwann wird es den Nicht-Geimpften verleiden, sich immer wieder testen zu lassen.
In der Hausarztsprechstunde fragen wir jeden Patienten und jede Patientin, ob er oder sie gegen Covid geimpft ist. Fast immer kommen die Noch-nicht-Geimpften dann im vertrauensvollen persönlichen Gespräch zum Schluss, dass der Nutzen der Impfung die Risiken bei weitem überwiegt. Damit dieser Erkenntnis auch Taten folgen, sollte möglichst direkt aus der Sprechstunde geimpft werden können. Dafür braucht es aber ein paar organisatorische Änderungen.

  • Wir brauchen so bald als möglich Covid-Einzelimpfdosen, um sofort impfen zu können. Bis dahin sollten zumindest Überkapazitäten auf die kantonale Buchungsplattform gestellt werden können, damit keine Impfdosen verfallen.
  • Der Vertrieb soll über die üblichen Lieferanten und nicht mehr über die Kantonsapotheken abgewickelt werden, weil deren Logistik zu schwerfällig ist.
  • Der Bund übernimmt weiterhin die Kosten für den Impfstoff.
  • Die ärztlichen Leistungen werden ganz normal über den Tarmed abgerechnet.
  • Es wird auf eine einfaches, ins Praxisinformatiksystem integriertes Meldesystem umgestellt.
  • Die Antigenschnellteste bei Symptomlosen sollen nicht mehr vom Bund übernommen werden

Damit sich auch die Patienten impfen lassen, für welche die Impfung weniger wichtig erscheint, braucht es jetzt an Stelle von grossen zentralen Impfzentren einen niederschwelligen Zugang. Die teuren Impfzentren können langsam abgebaut und geschlossen werden und die weiteren Covid-Impfungen und dann später die Covid-Auffrischimpfungen ohne schwerfällige Einrichtungen primär in den bestehenden Hausarztpraxen abgewickelt werden.
Dr. med. Felix Huber, Präsident der mediX Ärztenetze  
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Das Corona-Fazit des Epidemie-Experten

Mehr Daten und weniger Verschwörungstheorien: So die Bilanz des Epidemiologen Marcel Salathé. Er leitete das Covid-19-Forschungsprogramm.

image

Schweiz stellt Weichen für langfristiges Coronavirus-Management

Der Bund stellt seine Antwort auf die langfristigen Herausforderungen von Covid 19 vor.

image

Covid: Weniger Spitalaufenthalte durch Nasenspülung

Eine alte Heilmethode könnte das Risiko einer Sars-Cov-2-Erkrankung senken. Das legen neue Forschungsergebnisse nahe.

image

KI-Tool aus Harvard sagt Covid-19-Varianten voraus

Wäre das Tool der Harvard-Forscher zu Beginn der Pandemie eingeführt worden, hätte es die besorgniserregendsten Varianten identifizieren können, bevor sie auftraten.

image

Covid-Bericht: Schlechte Zusammenarbeit von Bund und Kantonen

Eine Untersuchung der Geschäftsprüfungskommission des Ständerats zeigt: Der Bund hat während der Corona-Pandemie teils schlecht mit den Kantonen zusammengearbeitet.

image

Wie Covid das Risiko für Herzinfarkte erhöht

Forschende aus den USA haben erstmals eine direkte Verbindung zwischen Covid-19-Infektionen und Herzkomplikationen und Schlaganfällen festgestellt.

Vom gleichen Autor

image

Auch das Spital Muri reiht sich ein

Und schreibt einen Verlust von 1,5 Millionen Franken.

image

Viktor 2023: Ein Pflegefachmann macht Hoffnung als Politiker

Patrick Hässig war 18 Jahre Radiomoderator, dann ging er erst in die Pflege – und dann in den Nationalrat. Nun erhielt er den «Viktor» als beliebtester Gesundheitspolitiker.

image

Traditioneller Medinside Frühstücksevent

Verpassen Sie nicht unseren traditionellen Frühstücksevent 25. Oktober 2023 in Zürich. Dieses Jahr mit spannenden Themen und Referenten.