Künstliche Intelligenz muss nicht immer spektakulär sein

KI-Systeme können nicht nur die Qualität der Patientenversorgung erhöhen, sondern vor allem die Arbeitslast des medizinischen Personals verringern.

, 2. September 2023 um 09:50
letzte Aktualisierung: 20. Oktober 2023 um 08:39
image
Künstliche Intelligenz gilt für viele Experten bereits heute als Antwort auf die grössten Herausforderungen im Schweizer Gesundheitswesen. In Berichten über Künstliche Intelligenz in Spitälern ist von spektakulären KI-basierte Bildanalysen, Diagnosen und OP-Assistenten die Rede. Während KI bereits Einzug in den Operationssaal und das Behandlungszimmer gehalten hat, wird sie im Arbeitsalltag und der Administration der Angestellten immer noch stiefmütterlich behandelt.
«Es gibt viele Anwendungsbeispiele von KI, die wenig spektakulär, dafür günstig und einfach umzusetzen sind.»
Eine KI-Strategie soll meiner Meinung nach ganzheitlich umgesetzt werden und nicht nur den Patienten, sondern auch die Prozesse von Management, Ärzten und Pflegenden im Fokus nehmen. Klar, KI-basierte OP-Roboter oder KI-generierte Anamnese-Berichte sind revolutionär, doch es gibt viele weitere Anwendungsbeispiele von KI, die weniger spektakulär, dafür günstig und einfacher umzusetzen sind. Die auf grosse Akzeptanz unter den Mitarbeitenden stösst, weil keine heiklen Daten verarbeitetet werden.
«Um fundierte Entscheidungen treffen zu können, sind heute in vielen Spitälern und Heimen noch aufwendige Mitarbeiterbefragungen notwendig, oder man verlässt sich aufs Bauchgefühl.»
Ein simples Beispiel dazu möchte ich hier kurz erläutern. Sind Sie eine Führungskraft und glauben Sie zu wissen, was Ihre Mitarbeitenden beschäftigt und wie zufrieden sie sind? Bauchgefühl oder Fakten? Um fundierte Entscheidungen treffen zu können, sind heute in vielen Spitälern und Heimen noch aufwendige Mitarbeiterbefragungen notwendig, oder man verlässt sich aufs Bauchgefühl. Des Weiteren sind viele Angestellte Umfragen gegenüber skeptisch, weil nicht klar ist, ob diese tatsächlich anonym durchgeführt werden - ganz zu schweigen von sprachlichen oder inhaltlichen Missverständnissen.
Organisationen, die ihre Mitarbeitenden aber verstehen und deren Produktivität sinnvoll fördern, haben geringere Mitarbeiterfluktuation und bessere Wachstumszahlen. Dabei können neue KI-Lösungen den Führungskräften wichtige Erkenntnisse liefern, wie sie ihre Teams besser einbinden und unterstützen können. Sie sind so in der Lage, fundierte Entscheidungen zu treffen und ihre Geschäftsergebnisse zu verbessern.
Und das Gute: die KI-Lösungen anonymisieren die Daten der Mitarbeitenden, daher sind sie datenschutzkonform und werden dadurch akzeptiert. Echtzeit-Analysen geben den Teamleiterinnen und -leitern Auskunft, wann die Mitarbeitenden am produktivsten sind oder wo es bei Workflows Stolpersteine gibt - die KI liefert dann postwendend Vorschläge, wie sie aus dem Weg geräumt werden können. Auch hat sich die KI beim Onboarding von neuen Mitarbeitenden bewährt.
«Es muss nicht immer Rocket Science sein, wenn es um KI-Systeme geht.»
Damit sie sich möglichst schnell zurecht finden, helfen mehrsprachige KI-Assisten und Chatbots. Ob automatisch erstellte Workflows, KI-generierte Protokolle, personalisierte Nachrichten und Angebote - die Möglichkeiten, die Mitarbeitenden einzubinden und gleichzeitig zu entlasten, sind grenzenlos. Die KI braucht Daten, um «schlauer» zu werden.
Was dabei oft vergessen geht: Daten müssen der KI-Software zur Verfügung stehen. Das heisst auch, dass die Daten auf unterschiedlichen Apps und digitale Plattformen nicht von einem System analysiert werden können.
Es muss also nicht immer Rocket Science sein, wenn es um KI-Systeme geht. Es gibt viele einfache Anwendungen, die schnell und günstig implementiert werden können, akzeptiert werden und datenschutzkonform sind - und Ihnen und Ihrer Belegschaft trotzdem einen enormen Mehrwert bieten.
Cris Grossmann ist CEO und Mitgründer der Software- und App-Entwicklungsfirma Beekeeper.

    Artikel teilen

    Loading

    Comment

    2 x pro Woche
    Abonnieren Sie unseren Newsletter.

    oder

    Mehr zum Thema

    image

    EPD sorgt für steigende statt sinkende Kosten

    Wer ein elektronisches Patientendossier eröffnet hat und dieses aktiv nutzt, muss mit Mehrkosten rechnen.

    image

    Zwei Onkologinnen aus der Schweiz unter den Top 100 weltweit

    Das Portal «Onco Daily» hat die Meinungsführerinnen in den sozialen Medien für das Jahr 2023 gewählt. Auch zwei Onkologie-Expertinnen aus der Schweiz sind dabei.

    image

    Kispi Zürich kauft neues IT-System für bis zu 51,2 Millionen Franken

    Das Zürcher Kinderspital migriert bis 2027 sein Klinik-Informationssystem. Neu kommt Epic zum Zug.

    image

    Genfer Universitätsspital erhält internationale Auszeichnung

    Die Hôpitaux universitaires de Genève werden für ihr Projekt «Smarter Medicine in Intensivmedizin» ausgezeichnet.

    image

    Gesundheitswesen: Italien will Steuer für Grenzgänger

    Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni will Grenzgänger in der Gesundheitsbranche besteuern, um dem Pflegenotstand im eigenen Land zu begegnen.

    image

    synedra und deepc - Health Content Management meets KI

    Durch die innovative Kooperation mit dem KI-Spezialisten deepc ermöglicht synedra Schweizer Spitälern umfassenden Zugang zu den zukunftsweisenden Möglichkeiten KI-gestützter Diagnose

    Vom gleichen Autor

    image

    Was macht Innerrhoden richtig, was macht Genf falsch?

    Die Politik muss den Ursachen für die grossen Prämienunterschiede auf den Grund gehen. Die Begründung, dass dies wegen dem Datenschutz nicht möglich sei, ist unhaltbar.

    image

    «Herr Kunz, sind Sie für oder gegen Exit?»

    Der bekannteste Palliativmediziner im Land über teure Chemotherapie, irrtümliche Vorstellungen, unsinnige Statistiken – und weshalb die Abgeltung von Fallpauschalen in der Palliative Care problematisch ist.

    image

    Wie viel verdienen Physiotherapeuten wirklich?

    Physiotherapeutinnen kommen im Schnitt auf einen Stundenumsatz von 60 Franken - Umsatz, nicht Lohn.