Im Januar erhielt der Direktor eines Forschungsinstituts am Berner Inselspital einen harschen Brief von Universitätsrektorin Virginia Richter. «Wir entziehen Ihnen mit sofortiger Wirkung die Kompetenz über die Finanzen», stand dort. Auch über Anstellungen durfte er nicht mehr entscheiden. Das gelte «uneingeschränkt und per sofort», hiess es in der «Anweisung», die der Betroffene erhielt.
Die Universitätsleitung legte dem Professor systematisches Missmanagement im Finanzbereich und wiederholte Missachtung von Weisungen zur Last und warf ihm vor, eigene Interessen über das Gemeinwohl der Forschenden gestellt zu haben. Die derzeitige Situation im Institut sei nicht mehr tragbar, hiess es.
Professor trägt keine Schuld
Nun zeigt ein Bericht der Finanzkontrolle des Kantons Bern: Im Institut gibt es tatsächlich Mängel. Aber daran trägt der Direktor keine Schuld.
Für den betroffenen Professor waren die Vorwürfe, die während der vergangen sechs Monate im Raum standen, persönlich und beruflich belastend. «Ich habe viel Zeit aufwenden müssen, um mich gegen unbegründete Vorwürfe zu verteidigen, was meine Forschungsarbeit erheblich beeinträchtigt hat», erklärt der Betroffene. Der international tätige und bekannte Professor macht sich auch Sorgen um seinen wissenschaftlichen Ruf.
Strafverfahren wegen sexueller Integrität
Der Konflikt mit dem Institutsdirektor ist kein Einzelfall. Gegen einen Klinikdirektor läuft ein Strafverfahren wegen Verstössen gegen die sexuelle Integrität einer Mitarbeiterin des Inselspitals. Und in einem dritten Fall ist ebenfalls ein Professor betroffen. Das Inselspital will zu den Fällen keine Auskunft geben.
Vor gut einem Jahr musste Insel-Chef Uwe E. Jocham gehen – unter anderem wegen Mängeln in der Betriebskultur. Unter dem neuen Interims-Direktor Christian Leumann, der zuvor Rektor der Universität war, scheint sich die Lage nicht gebessert zu haben.
Ende April sagte der Gesundheitsökonom Heinz Locher
gegenüber Medinside: «Ich weiss aufgrund von konkreten Fällen: Auch unter der gegenwärtigen Führung von Spital und Universität erfolgen Verfahren gegen in Ungnade Gefallene nach dem gleichen Muster wie bei den vielen Konflikten mit Chefärzten und Klinikdirektoren unter der früheren Führung: mit Einschüchterung, Mobbing und Verweigerung des rechtlichen Gehörs.»
Die Insel ihrerseits sieht keine Häufung von Verfahren und Konflikten. Der Mediensprecher schreibt, es gebe kein grundlegendes Problem mit «einer angeblichen Mobbing-Kultur».
«Positive Kulturentwicklung»
Man habe Untersuchungen im Zusammenhang mit Mobbingvorwürfen durchgeführt. Interne Stellen hätten diese Fälle bearbeitet und die Lösung allfälliger zugrundeliegender Arbeitsplatzkonflikte unterstützt. Als Folge der bekannten Krisensituation Anfang 2024 habe das anonyme Meldewesen zwar eine Zunahme von Meldungen verzeichnet. In der Zwischenzeit sei diese Zahl wieder rückläufig.
Für die Insel deutet das darauf hin, «dass innerhalb der Insel-Gruppe eine positive Kulturentwicklung» stattfinde.