Endometriose-Tests ohne Bauchspiegelung

Die Berner Uniklinik sucht Lösungen, um schnelle und nicht-invasive Endometriose-Tests anhand von Menstruationsproben zu entwickeln.

, 7. Oktober 2022 um 07:00
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Michael Mueller, Co-Klinikdirektor und Chefarzt Universitätsklinik für Frauenheilkunde, Gynäkologie und Gynäkologische Onkologie am Universitätsspital in Bern. | zvg
Rund ein Viertel der Frauen, die nicht schwanger werden, leiden an Endometriose. Das ist eine Erkrankung der Gebärmutterschleimhaut. 10 bis 15 Prozent der Mädchen und Frauen im gebärfähigen Alter sind davon betroffen. Sie leiden unter starken Unterleibschmerzen. Eine verminderte Fruchtbarkeit ist die Folge.
Bei der Endometriose siedeln sich Zellen der Gebärmutterschleimhaut ausserhalb der Gebärmutter an, etwa im Bauchraum. Auch der Darm oder die Lunge können davon betroffen sein. Wie dies geschieht, ist noch nicht in allen Details geklärt.

Ohne Bauchspiegelung gehts (noch) nicht

Um Endometriose mit Sicherheit festzustellen, müssen Patientinnen eine Bauchspiegelung über sich ergehen lassen. Dies erfolgt unter Vollnarkose und ist wie jeder chirurgische Eingriff nicht ohne Risiko.
Michael Mueller ist Co-Direktor der Universitätsklinik für Frauenheilkunde am Berner Inselspital. In Zusammenarbeit mit australischen Forschenden hat er Zellen identifiziert, die vorwiegend in der Gebärmutterschleimhaut von Frauen mit Endometriose vorkommen. Die Erkenntnisse dienen als Grundlage für die Entwicklung eines schnellen und nicht-invasiven Endometriose-Tests anhand von Menstruationsproben.
«Unsere Untersuchungen deuten darauf hin, dass wir mit diesen Zellen einen Biomarker besitzen, der Frauen mit und ohne Endometriose unterscheiden kann», wird Michael Mueller in einer Medienmitteilung des Inselspitals zitiert.
«Wenn sich unsere Resultate in einer grossen Gruppe bestätigen, liesse sich auf der Grundlage unserer Forschung ein schneller und nicht-invasiver Diagnosetest für Endometriose entwickeln, da die Biomarker-Zellen am Ende jedes Monats mit der Regelblutung abgestossen werden. Damit steht regelmässig die minimale Menge an Blut zur Verfügung, um das Vorhandensein allfälliger Marker-Zellen zu studieren.»

Details zur Studie

In der Studie, die in der Fachzeitschrift Natur Communications erschien und in Zusammenarbeit mit Forschenden aus Australien entstand, wurden Gewebeproben der Gebärmutterschleimhaut von zehn Frauen mit und neun Frauen ohne Endometriose analysiert.
Auf der Suche nach möglichen Variationen in der Gebärmutterschleimhaut, die zur Entstehung von Endometriose führen könnten, charakterisierte das Forscherteam 33’758 Gewebeprobenzellen mittels Einzel-Zell-RNA-Sequenzierung. Diese moderne molekularbiologische Technik ermöglichte es den Forschenden, die Aktivität von mehreren Tausend Genen in einer Zelle zu messen. Mithilfe der Computermodellierung konnten sie diese Ergebnisse mit den klinischen Befunden der 19 Studienteilnehmerinnen vergleichen.
Dabei konnten die Forschenden eine Untergruppe von Bindegewebszelle identifizieren, die vorwiegend in der Gebärmutterschleimhaut von Frauen mit Endometriose vorkommt, nicht aber bei Frauen ohne Endometriose.
Als nächsten Schritt planen die Forschenden Folgestudien mit einer grösseren Kohorte von über tausend Patientinnen, um ihre Erkenntnisse zu validieren.

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